Hessenwahl: Knappe Mehrheit für CDU und Grüne – Grüne stärker als SPD

Bei der hessischen Landtagswahl hat die bisher amtierende Koalition aus CDU und Grünen ihre Mehrheit knapp verteidigt. Die CDU erreichte nach massiven Verlusten noch 27%. Die Grünen verbesserten sich stark und kommen jetzt auf 19,8%. Die SPD erreicht nach starken Verlusten ebenfalls 19,8%, erzielte aber 94 Stimmen weniger als die Grünen. Mit 13,1% verbesserte sich auch die AfD stark. FDP (7,5%) und Linke (6,3%) verbesserten sich leicht. Die Freien Wähler verbesserten sich auf 3%, können aber wegen der 5%-Klausel nicht in den Landtag einziehen. Rechnerisch möglich sind neben einer Koalition aus CDU und Grünen auch eine Koalition aus CDU und SPD sowie aus Grünen, SPD und FDP.  Rechnerisch nicht möglich ist eine Koalition aus Grünen, SPD und Linken.

Hessenwahl: (Fast) jede Koalition ist möglich

Auf der Grundlage der jüngsten Umfragen wird es nach der Hessenwahl sehr viele und vor allem sehr unterschiedliche Koalitionsmöglichkeiten geben. Die amtierende Regierung aus CDU und Grünen verfügt nach diesen Umfragen über keine Mehrheit mehr. Allerdings ist der Sprung zur Mehrheit so gering, dass eine Bestätigung durch die Wähler nicht ausgeschlossen ist. Reicht es nicht, dann könnten CDU und Grüne mit Hilfe der FDP weiter regieren. Es wäre allerdings zu erwarten, dass dann die Grünen in der Wirtschaft-, Verkehrs- und Umweltpolitik weitere Zugeständnisse machen müssten. Ob sie dazu bereit sind, hängt auch davon ab, welche weitere Alternativen ihnen zur Verfügung stehen. Möglich wäre eine grün-rot-rote Regierung mit Tarek Al-Wazir als Ministerpräsidenten oder eine rot-grün-rote Regierung unter Führung von Thorsten Schäfer-Gümbel – je nachdem, ob SPD oder Grüne stärker aus der Wahl hervorgehen. Inhaltlich gibt es hier die größten Übereinstimmungen – alle Parteien kommen aus dem linken Lager. Allerdings scheiterte Andrea Ypsilanti mit der Bildung einer solchen Regierung an ihrer eigenen Partei. Ob Schäfer-Gümbel dies in der SPD durchsetzen könnte und ob Grüne und Linke sich noch einmal darauf einlassen, ist ungewiss. Auch für eine Koalition aus CDU und SPD reicht es nicht. Auch hier könnte die FDP die nötigen Stimmen für die Mehrheit bereit stellen. Ob die SPD nach ihren Erfahrungen mit der großen Koalition in Berlin ein solches Bündnis, in dem sie sehr viele Zugeständnisse machen müsste, eingehen würde, dürfte fraglich sein. Über eine Mehrheit würden auch CDU, Grüne und SPD verfügen, also eine Erweiterung der bisherigen Koalition um die SPD. Hier müsste vor allem die CDU weitere Zugeständnisse machen, allerdings könnte sie mit Volker Bouffier weiter den Ministerpräsidenten stellen. Eine Unbekannte stellen schließlich die Freien Wähler dar, die vor zwei Wochen mit 11,6% in den bayerischen Landtag einzogen und die in Hessen wie auch in Bayern über ein breites kommunales Fundament verfügen. Es wird also spannend werden, vor allem wird am Wahlabend nicht feststehen, welche Koalition Hessen die nächsten fünf Jahre regieren wird. Dies ist allerdings für die hessischen Wähler keine neue Erfahrung.

Hessenwahl: Grünes Direktmandat in Kassel?

Der Wahlkreis Kassel-West könnte bei der hessischen Landtagswahl an die Kandidatin der Grünen, Vanessa Gronemann, fallen. Dies sagt die Internet-Platfform election.de in ihrer Wahlkreis-Prognose voraus. Derzeit wird Gronemann mit einer Wahrscheinlichkeit von 59% den Wahlkreis gewinnen vor dem Bewerber der SPD, Patrick Hartmann, mit einer Wahrscheinlichkeit von 29% und der CDU-Kandidatin Eva Kühne-Hörmann mit einer Wahrscheinlichkeit von 10%. Insgesamt sieht die Prognose in fünf hessischen Wahlkreisen die Grünen vorn, neben Kassel noch in zwei Darmstädter Wahlkreisen, sowie in je einem Wahlkreis in Offenbach und in Frankfurt. In 36 Wahlkreisen – überwiegend in Süd- und Mittelhessen – liegt die CDU vorn und in 14 Wahlkreisen – überwiegend in Nordhessen – die SPD. Die genannten Werte stehen nicht für die Stimmenanteile, sondern für die Wahrscheinlichkeit, mit der die jeweilige Partei den Wahlkreis gewinnt.

Umfrage Hessen: Schwarz-Grün ohne Mehrheit – Dreierbündnis für Regierungsbildung erforderlich

Nach der jüngsten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen verfügt die amtierende Regierung aus CDU und Grünen über keine Mehrheit mehr. Die CDU kommt demnach auf 28% und die Grünen wie die SPD auf 20%. Linke und FDP erreichen jeweils 8% und die AfD 12%. Die Werte der Freien Wähler, die vor zwei Wochen mit 11,6% in den bayerischen Landtag einzogen, wurden nicht erfasst. Wie bei den Umfragen zuvor ist für die Regierungsbildung ein Bündnis von drei Parteien erforderlich. Neben Volker  Bouffier (CDU) oder Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) könnte auch der Spitzenkandidat der Grünen, Tarek Al-Wazir, Ministerpräsident werden.

Umfrage Hessen: SPD und Grüne Kopf an Kopf – nur Dreierbündnisse möglich – Freie Wähler leicht verbessert

Nach der jüngsten Umfrage des Insa-Institutes liegen SPD und Grüne jeweils bei 21% hinter der CDU mit 26%. Die AfD kommt 13%, die Linken auf 8% und die FDP auf 7%. Leicht verbessert sind die Freien Wähler auf 2%. Nach dieser Umfrage hat die schwarz-grüne Regierung keine Mehrheit mehr. Zur Regierungsbildung sind zumindest 3 Parteien erforderlich, wobei mit Tarek Al-Wazir auch ein grüner Ministerpräsident möglich ist.

Thüringer CDU feiert Merkel

Mit stehenden Ovationen haben sich die Delegierten des Thüringer CDU-Parteitages für eine kämpferische Rede ihrer Bundesvorsitzenden Angela Merkel bedankt. Es gebe zwar in der Migration von Flüchtlingen noch Probleme, vor allem habe man aber riesige Fortschritte seit 2015 gemacht. „Wenn wir uns für den Rest des Jahrzehnts damit beschäftigen wollen, was 2015 vielleicht so oder so gelaufen ist und damit die ganze Zeit verplempern, dann werden wir den Rang als Volkspartei verlieren“, so Merkel. „Deshalb fordere ich, dass wir uns jetzt um die Zukunft kümmern.“ Die Bundeskanzlerin warnte ihre Partei auch davor, sich zu sehr mit sich selbst zu beschäftigen. „Seit einem Jahr beschäftigen wir uns in viel zu hohem Maße damit, ob wir beleidigt sein sollen über das Wahlergebnis“. Attraktiv sei die CDU für die Wähler aber nur dann, wenn sie optimistisch in die Zukunft blicke. „Nur dafür werden wir gewählt, für nichts anderes. Die Menschen wollen von uns, dass wir mit Zuversicht in die Zukunft blicken, ohne uns die Welt schön zu malen.“ Merkel begegnet damit internen Kritikern und Flügelkämpfen in der CDU und vor allem Angriffen aus der CSU gegenüber ihrer Flüchtlingspolitik. Im Dezember muss sich Merkel einem Parteitag zur Wiederwahl als Vorsitzende stellen. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hatte vor einigen Tagen angemerkt, Merkel sei nicht mehr unumstritten in der CDU.
Bild: Deutscher Bundestag/Achim Melde

 

Umfragen: Union und SPD im freien Fall

Nach jüngsten Umfragen von Insa, Infratest-dimap und der Forschungsgruppe Wahlen verschlechtern sich die Umfragewerte von CDU/CSU und SPD auf immer neue Tiefststände. So erreicht die Union nur noch Werte zwischen 25% und 27%, die SPD zwischen 14% und 15%. Deutschlandweit zweitstärkste Kraft sind die Grünen mit Werten zwischen 17% und 20% vor der AfD mit 16% bis 18%. Die Linke erreicht 9% bis 10,5% und die FDP 8% bis 11%. Die Werte der Freien Wähler, die in Bayern 11,6% erreichten, wurden nicht ermittelt. Damit verfehlt derzeit die amtierende Koalition aus Union und SPD deutlich die Mehrheit.

Fernsehduell: Punktsieg für Schäfer-Gümbel

Das Fernsehduell der beiden Kandidaten um das Amt des hessischen Ministerpräsidenten endete mit leichten Vorteilen für den Herausforderer Thorsten Schäfer-Gümbel von der SPD: Ohne Krawatte auftretend wirkte er insgesamt frischer als sein Kontrahent Volker Bouffier von der CDU. Kenntnisreich und stets konkret trug Schäfer-Gümbel seine Argumente vor und parierte die zum Teil spitzen Fragen der beiden Moderatorinnen gekonnter als der amtierende Ministerpräsident. Bouffier war immer dann stark, wenn er den Landesvater geben konnte. Ob aber das Fersehduell die Wahlaussichten der SPD  tatsächlich verbessert hat, bleibt abzuwarten. Auch die bayerischen Genossen setzten in ihrem Wahlkampf auf Wohnungsbau, Bildung und ÖPNV, worauf Bouffier genüsslich verwies. Natascha Kohnen, Spitzenkandidatin der bayerischen SPD, erklärte deshalb das katastrophale Wahlergebnis ihrer Partei nicht mit der falschen Themenwahl, sondern mit einem großen Vertrauensverlust hervorgerufen durch die Beteiligung an der großen Koalition in Berlin. Der SPD werde nicht mehr abgenommen, dass sie in der Regierung auch das umsetzt, was sie im Wahlkampf verspricht. Die große Koalition belastet allerdings nicht nur die SPD. Auch dies hat die Bayernwahl gezeigt.
Bild: © Deutscher Bundestag/Achim Melde

Am Wahltag: Bouffier (CDU) kritisiert CSU scharf

Volker Bouffier, Min.Präs. Hessen, 

Am Tag der bayerischen Landtagswahl hat der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) die CSU scharf kritisiert. Die CSU habe die Union viel Vertrauen gekostet, so Bouffier gegenüber der Welt am Sonntag. „Man kann nicht über Monate den Eindruck erwecken, dass vieles durcheinander geht und die Regierung nicht handlungsfähig ist, und dann erwarten, dass die Leute der Union vertrauen“, so der stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU. Auch den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer geht Bouffier scharf an. „Wer die Backen aufbläst und den Leuten erzählt, jetzt alles zu lösen, und am Ende gelingt die Zurückweisung von nur einer Handvoll Migranten im Monat, der macht sich unglaubwürdig.“ Der Zeitpunkt und die Schärfe der Kritik zeigen, wie verärgert Bouffier ist, der wegen der CSU bei der hessischen Landtagswahl um seine Wiederwahl fürchten muss. In der Vergangenheit gehörte er zu jenen CDU-Politikern, die ein enges Vertrauensverhältnis zur CSU pflegten.
Bild: © Deutscher Bundestag/Achim Melde

Schäuble geht vorsichtig auf Distanz zu Merkel

Angela Merkel (CDU) sei nicht mehr so unbestritten wie in den ersten gut zehn Jahren ihrer Kanzlerschaft – auch wenn sie immer noch Zustimmungswerte habe, um die sie die meisten europäischen Regierungschefs beneiden, so Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) gegenüber dem SWR. Ihre Wiederwahl als Parteivorsitzende sei „wahrscheinlich“. Der Ausgang der Landtagswahlen in Bayern und Hessen könne zu Erschütterungen und Diskussionen in den Koalitionsparteien führen „ein Stück weit auch Auswirkungen auf die Bundespolitik und damit auch auf das Ansehen der Kanzlerin“ haben, so Schäuble. Umfragen zufolge wird die CSU in Bayern die absolute Mehrheit verlieren und in Hessen droht der CDU sogar der Machtverlust. Die SPD, im Bund Koalitionspartner von CDU und CSU, profitiert nicht von der Schwäche der Union. Auch ihr werden deutliche Stimmenverluste vorhergesagt.
Bild: Deutscher Bundestag / Achim Melde