Rundfunkbeitrag: Bundesverfassungsgericht prüft Verfassungsgemäßheit

Das Bundesverfassungsgericht wird am 16. und 17. Mai über die Verfassungsgemäßheit der Erhebung des Rundfunkbeitrages mündlich verhandeln. Gegenstand der Verhandlung sind insgesamt vier Verfassungsbeschwerden, drei betreffen den privaten und eine den nicht-privaten Bereich. Die Beschwerdeführer rügen vor allem, dass es sich bei dem Rundfunkbeitrag rechtlich um eine Steuer und nicht um einen Beitrag handelt mit der Folge, dass der Beitrag ohne die erforderliche Gesetzgebungskompetenz erlassen wurde. Zudem verstoße der Rundfunkbeitrag gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Das Beitragsmodell, so die Beschwerdeführer, sei bereits deshalb verfassungswidrig, weil der Rundfunkbeitrag unabhängig vom Vorhandensein von Empfangsgeräten erhoben werde. Er benachteilige außerdem Einpersonenhaushalte gegenüber Mehrpersonenhaushalten, weil der Rundfunkbeitrag für jede Wohnung unabhängig von der Anzahl der dort lebenden Personen erhoben werde. Schließlich stelle es eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar, dass für Zweitwohnungen ein Rundfunkbeitrag erhoben werde, obwohl deren Inhaber nicht gleichzeitig in mehreren Wohnungen Rundfunk konsumieren können. Die Verfassungsbeschwerde im nicht-privaten Bereich rügt die Pflicht zur Entrichtung von zusätzlichen Beiträgen für zu nicht ausschließlich privaten Zwecken genutzten Kraftfahrzeugen sowie die degressiv gestaffelte Beitragserhebung nach der Anzahl der Beschäftigten einer Betriebsstätte.
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BGH: Formularsprache darf männlich bleiben

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Frauen keinen Anspruch darauf haben, dass Sparkassen in ihren Formularen die weibliche Form verwenden. Sie erleiden nach Auffassung des Gerichts keinen Nachteil, wenn sie in den Vordrucken mit dem sogenannten generischen Maskulinum angesprochen werden. Geklagt hatte eine Kundin der Sparkasse Saarbrücken, die nicht als Kunde oder Kontoinhaber bezeichnet werden will. Sie habe ein verfassungsmäßig verankertes Recht, als Frau in Sprache und Schrift erkennbar zu sein. Der BGH sieht es anders: Die verallgemeinernder Ansprache in der männlichen Form sei weder ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht noch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Auch die Vorinstanzen hatten den Anspruch der Klägerin verneint. Nach Auffassung des Landgerichts Saarbrücken werde das generische Maskulinum geschlechtsneutral verwendet. Dies sei schon seit 2000 Jahren so und damit eine historisch gewachsene Übereinkunft und keine Diskriminierung.  Damit setzen sich die Gerichte über neuere wissenschaftliche  Forschungsergebnisse hinweg, die bei der Verwendung des sogenannten generischen Maskulinums eine Diskriminierung der Frauen nachgewiesen haben. Bei einem Obsiegen der Klägerin hätten mehr als 800 Vordrucke der Sparkassen verändert werden müssen. Die Klägerin will das Urteil nicht hinnehmen und notfalls vor dem Europäischen Gerichtshof klagen.

Landtagswahl: Freie Wähler Hessen fordern Abschaffung der Straßenbeiträge

Teilnehmer der Parteiratssitzung

Die Abschaffung der Straßenbeiträge wollen die Freien Wähler Hessen zu ihrem zentralen Thema im kommenden Landtagswahlkampf machen. „Straßen sind Bestandteil der Daseinsvorsorge und müssen somit von der Allgemeinheit finanziert werden“, so der hessische Landesvorsitzende, Engin Eroglu, in der Sitzung des Parteirates. Dies müsse auch für Anliegerstraßen gelten. Die Finanzierungslast den Anliegern aufzubürden, führe zu massiven Ungerechtigkeiten. „Zahlungspflichtige Bürger empfinden die Forderungen als ungerecht, Bürgermeister kommen in Erklärungsnot und allzu oft müssen Fälle von der Justiz geregelt werden“, macht Eroglu die Lage im Land deutlich. In Hessen komme erschwerend hinzu, dass die Erhebung der Beiträge im Ermessen der Kommunen stehe. „Bürger in finanzstarken Kommunen zahlen nicht, andere Kommunen wie jetzt Mörfelden-Walldorf werden von der Kommunalaufsicht gezwungen, solche Beiträge zu erheben. Dies ist ungerecht“, ergänzt der stellvertretende Landesvorsitzende Rudolf Schulz.

Union sieht keinen Änderungsbedarf bei § 219a StGB – Mehrheit für Abschaffung ungewiss – Anklage auch in Kassel

Die Unionsfraktion sieht bei § 219a StGB, der die Werbung für den Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stellt, keinen Änderungsbedarf. Dies geht aus einem Schreiben der neuen CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer an die Funktionsträger der CDU hervor. Aus der Unionsfraktion werde es keine Unterstützung zur Abschaffung der Regelung geben, so Kramp-Karrenbauer. Deren Abschaffung wird wegen eines Strafprozesses gegen eine Gießener Ärztin gefordert, die auf ihrer Internetseite auf die Möglichkeit der Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches in ihrer Praxis hingewiesen hatte. Das Amtsgericht Gießen sah die Strafvorschrift als verwirklicht an und verurteilte die Ärztin zu einer Geldstrafe. Auch in Kassel wurden zwei Frauenärztinnen wegen eines Hinweises auf ihrer Internetseite angeklagt. Derzeit liegen Anträge der Fraktionen von FDP, Linken und Grünen vor. Linke und Grüne wollen die Vorschrift streichen, die FDP schlägt eine Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit vor. Offen ist das Verhalten der SPD. Die Fraktion hatte einstimmig die Abschaffung der Vorschrift beschlossen, einen eigenen Antrag aber aus Rücksicht auf die Union bisher nicht eingebracht. Da auch die AfD gegen eine Änderung der Vorschrift eintritt, kommt es auf die SPD an: Nur mit ihr wird es eine Änderung oder Abschaffung der Regelung geben.
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Kopftuchverbot für Rechtsreferendarin rechtmäßig

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München hat das Kopftuchverbot für eine Rechtsreferendarin in Bayern für rechtmäßig erklärt. Es hob auf die Berufung des Freistaates Bayern ein Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg auf. Dies hatte das Verbot noch für unzulässig erklärt. Zu dem Verwaltungsstreitverfahren war es gekommen, weil das bayerische Justizministerium der Klägerin bei der Einstellung in den juristischen Vorbereitungsdienst aufgegeben hatte, dass sie „bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung“ kein Kopftuch tragen dürfe. Dies betraf insbesondere die Teilnahme als Vertreterin der Staatsanwaltschaft in Prozessen oder die Vernehmung von Zeugen. Das Verwaltungsgericht Augsburg hatte die Auflage mit der Begründung aufgehoben, es fehle an einer gesetzlichen Grundlage.

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Illegale Autorennen: BGH hebt Mordurteil auf

Der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung wegen Mordes gegen zwei Raser aufgehoben, die während eines illegalen Autorennens einen Unbeteiligten tödlich verletzt hatten. Das Landgericht Berlin hatte einen bedingten Vorsatz bejaht und auf dieser Grundlage eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen Mordes verhängt. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil aufgehoben und das Verfahren an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen. Im konkreten Fall sah es keinen Vorsatz, sondern nur Fahrlässigkeit.

Die Abgrenzung zwischen bewusster Fahrlässigkeit und bedingtem Voratz gehört zu den interessantesten und schwierigsten Fragen des Strafrechts. Die Abgrenzung ist nicht nur für das Strafmaß wichtig, sondern  bereits für die Frage, ob überhaupt strafbares Verhalten vorliegt. Denn nach § 15 StGB ist nur vorsätzliches Handeln strafbar. Fahrlässiges Handeln wird nur dann bestraft, wenn dies wie bei Totschlag oder Körperverletzung ausdrücklich durch das Gesetz angeordnet wird. Bei dem bedingten Vorsatz nimmt der Täter den Erfolg, also etwa die Verletzung des Körpers, billigend in Kauf. Es ist ihm schlicht gleichgültig, ob ein anderer zu Schaden kommt. Aber auch bei der bewussten Fahrlässigkeit erkennt der Täter, dass er sorgfaltswidrig handelt. Er vertraut jedoch darauf, dass es noch einmal gut gehen wird.

Im vorliegenden Fall hat das Landgericht festgestellt, dass die Angeklagten die Möglichkeit eines für einen anderen Verkehrsteilnehmer tödlichen Ausgangs ihres Rennens erst erkannt und billigend in Kauf genommen haben, als sie in die Unfallkreuzung einfuhren. Gleichzeitig hat das Landgericht für diesen Zeitpunkt festgestellt, dass die Angeklagten keine Möglichkeit mehr hatten, den Unfall zu verhindern; sie seien „absolut unfähig gewesen, noch zu reagieren“. Nach diesen Feststellungen, so der BGH,  war das zu dem tödlichen Unfall führende Geschehen bereits unumkehrbar in Gang gesetzt, bevor die für die Annahme eines Tötungsvorsatzes erforderliche Vorstellung bei den Angeklagten entstanden war. Ein für den Unfall und den Tod unfallbeteiligter Verkehrsteilnehmer ursächliches Verhalten der Angeklagten, das von einem Tötungsvorsatz getragen war, habe es nach diesen eindeutigen Urteilsfeststellungen nicht gegeben.

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OVG Bremen: DFL muss Mehrkosten für Polizeieinsätze tragen

Das Bundesland Bremen darf die Deutsche Fußball Liga grundsätzlich an den Mehrkosten für Polizeieinsätze bei sogenannten Hochrisikospielen beteiligen. Entsprechende Gebührenbescheide sind rechtmäßig. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Bremen entschieden. In der ersten Instanz hatte sich noch die DFL durchgesetzt. Die Revision wurde zugelassen, so dass wohl endgültig das Bundesverwaltungsgericht entscheiden wird. Streitgegenständlich ist ein Gebührenbescheid  zur Partie Werder Bremen gegen den Hamburger Sportverein vom 19. April 2015 in Höhe von 425.000,- €. Seit 2015 erhebt das Land Bremen regelmäßig Gebührenbescheide wegen der Mehrkosten für Polizeieinsätze. Derzeit sind etwa zwei Millionen Euro als Gebühren aufgelaufen.

Aufregung im Bundesverfassungsgericht: Grüner soll CDU-nahen Richter ersetzen

Weil ein Grüner dem von der CDU vorgeschlagenen Richter des Bundesverfassungsgericht, Michael Eichberger, nachfolgen soll, gibt es große Aufregung im Bundesverfassungsgericht. Durch die Berufung des von den Grünen vorgeschlagenen Richters am Bundesgerichtshof, Claudio Nedden-Boeger, käme dass politisch sorgsam austarierte Gleichgewicht im ersten Senat des Bundesverfassungsgericht aus dem Lot. Zwei von der CDU vorgeschlagene Richter stünden dann drei SPD-nahe und zwei von den Grünen vorgeschlagene Richter gegenüber. Das achte Mitglied des Senats wurde von der FDP vorgeschlagen und ist jedenfalls nicht dem konservativen Lager des Gerichts zuzuordnen. In der Vergangenheit wurden die beiden Senate des Bundesverfassungsgerichts stets durch jeweils vier eher konservative und vier eher fortschrittliche Richter besetzt, wobei Union und SPD jeweils ein Vorschlagsrecht an die FDP und die Grünen abtraten. Die Einigungsbereitschaft zwischen SPD und Union wurde dadurch befördert, dass für die Besetzung der Richterstellen eine zweidrittel Mehrheit erforderlich ist. Keines der beiden politischen Lager war in der Lage, ohne Zustimmung des anderen einen Kandidaten durchzusetzen. Da die Grünen mittlerweile an neun Landesregierungen beteiligt sind und sie dadurch jeden Vorschlag des Bundesrates blockieren können, haben sie bereits 2016 ein eigenes Vorschlagsrecht für sich reklamiert. Vor zwei Jahren kamen sie jedoch nicht zum Zuge und sie wurden auf 2018 vertröstet. Auf diese Zusage pochend will insbesondere der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann einen Vorschlag der Grünen für die Nachfolge Eichbergers durchsetzen. Wegen der Bedenken aus dem Bundesverfassungsgericht wurde die Entscheidung noch einmal vertagt und nicht auf der letzten Sitzung der Ministerpräsidentenkonferenz entschieden.

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Bundesverfassungsgericht: Medizin-Studienplatzvergabe teilweise willkürlich

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass einzelne bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften über das Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen an staatlichen Hochschulen für das Fach Humanmedizin teilweise willkürlich und damit mit dem Grundgesetz unvereinbar sind. Die beanstandeten Vorschriften verletzen den grundrechtlichen Anspruch der Studienplatzbewerber auf gleiche Teilhabe am staatlichen Studienangebot. Diesen Anspruch leitet das Gericht aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG (Berufsfreiheit) in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG (Allgemeiner Gleichheitssatz) ab. Die landesgesetzlichen Bestimmungen zum Auswahlverfahren der Hochschulen verstoßen  zudem teilweise gegen den Vorbehalt des Gesetzes. Das Bundesverfassungsgericht fordert die Gesetzgeber auf, eine Neuregelung bis zum 31. Dezember 2019 zu treffen.

Dabei hat das Gericht ausdrücklich keine Bedenken, dass für einen Anteil von 20 % der in den Hauptquoten zu vergebenden Studienplätze nach der Abiturdurchschnittsnote vergeben wird. An der Sachgerechtigkeit der Abiturnote als Eignungskriterium hat das Gericht keine verfassungsrechtlichen Zweifel. Es beanstandet jedoch, dass dieses Kriterium durch den Rang des Ortswunsches überlagert wird. Dies sei kein geeignetes Kriterium und deshalb verfassungswidrig. Das Gericht fordert außerdem für die Vergabe der Studienplätze nach eigenen Eignungsprüfungsverfahren der Hochschulen, dass diese in standardisierter und strukturierter Weise erfolgt. Insbesondere dürfe in den Verfahren allein die Eignung der Bewerber überprüft werden. Diesen Anforderungen werden sowohl einige Regelungen des Hochschulrahmengesetzes als auch der Landesgesetze nicht gerecht.

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Bundesverwaltungsgericht weist Klagen gegen Elbvertiefung ab

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klagen der Städte Cuxhaven und Otterndorf sowie von Elb- und Küstenfischern gegen die Elbvertiefung abgewiesen. Die Verbesserung der Verkehrsfunktion der Bundeswasserstraße Elbe habe Vorrang gegenüber den widerstreitenden Interessen der Kläger. Die beiden Städte hatten negative Auswirkungen auf den Tourismus befürchtet, die Berufsfischer den Wegfall von Fangplätzen. Diese Nachteile seien – auch wegen der bereits bestehenden Vorbelastung – nicht so gravierend, dass das Abwägungsergebnis anders hätte ausfallen müssen, so das Gericht. Die Verkehrsfunktion der Elbe sei vorrangig.