US-Supreme Court: Konservative Richter parieren nicht

Obwohl US-Präsident Trump mit der Benennung von zwei konservativen Richtern die bis dahin bestehende eher linksliberale Mehrheit im Supreme Court, dem Obersten Gericht der USA,  gebrochen hatte, kann er nach wie vor nicht mit den Entscheidungen des Gerichts einverstanden sein. Trotz einer konservativen Mehrheit von 5:4 Stimmen hat das Gericht Trump in kurzer Zeit mehrere empfindliche Niederlagen beigebracht. So hat es zunächst das Recht von Homosexuellen gestärkt, denen nicht mehr aufgrund ihrer sexuellen Orientierung gekündigt werden darf. Anschließend bestätigte es den von Präsident Obama verfügten Abschiebestopp für sogenannte Dreamer, die als Minderjährige in die USA eingewandert waren.  Danach kassierte das Gericht ein Gesetz eines Bundesstaates, das den legalen Schwangerschaftsabbruch erheblich erschwert hätte. Zuletzt wies es einen Antrag von Trump ab, seine Steuerunterlagen nicht der Staatsanwalt zu offenbaren. Entscheidend war regelmäßig die Stimme des konservativen und noch von George W. Bush eingesetzten Vorsitzenden Richters John Roberts. Roberts hatte im November 2018 eine pauschale Justizschelte von US-Präsident Trump in scharfer Form zurückgewiesen, mit der dieser auf eine juristische Niederlage vor einem Bundesgericht reagiert hatte.
Bild: By Michael Vadon (Donald Trump) [CC BY-SA 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Neuer § 219a StGB dürfte verfassungswidrig sein – Opposition plant Verfassungsklage

Die von der Koalition aus Union und SPD beschlossene Änderung des § 219a StGB dürfte verfassungswidrig sein. Zwar wurde das Informationsverbot für Ärzte abgemildert. Nach wie vor ist es ihnen aber strafbewehrt verboten, umfassend über ihre Leistungen zu informieren. Damit greift auch die geänderte Strafvorschrift in unzulässiger Weise in die Berufsfreiheit der Ärzte ein. Denn das Grundrecht auf Berufsfreiheit umfasst auch das Recht, umfassend über die eigene Berufsausübung zu informieren und für sie zu werben. § 219a StGB verbietet dies strafbewehrt und greift damit in dieses Grundrecht ein. Dies wäre nur dann zulässig, wenn dieser Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Eingriff zu Gunsten eines anderen schutzwürdigen Rechtsgutes erfolgt und dieser Eingriff geeignet, erforderlich und angemessen ist, um dieses Rechtsgut zu schützen. Ausweislich der Gesetzesbegründung will § 219a StGB verhindern, „dass der Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit als etwas Normales dargestellt und kommerzialisiert wird“. Damit ist der Eingriff in die Berufsfreiheit der Ärzte geeignet, um dieses Gesetzesziel zu erreichen. Zweifel bestehen aber bereits bei der Erforderlichkeit des Eingriffs. Als milderes Mittel kommen Berufsausübungsregeln in Betracht, die nicht die bloße Information, sondern besonders aufdringliche oder grob anstößige Werbung für den Schwangerschaftsabbruch verbieten. Ganz sicher ist ein solcher Eingriff aber nicht angemessen. Das Rechtsgut, zu dessen Gunsten hier in die Berufsfreiheit eingegriffen wird, hat selbst keinen Verfassungsrang. Zudem wird bereits die umfassende Information über die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches strafbewehrt verboten. Einen derart massiven Eingriff in das Grundrecht auf Berufsfreiheit kann der Schutzzweck des § 219a StGB, dass der Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit als etwas Normales dargestellt wird, nicht rechtfertigen. Die Fraktionen von FDP, Grünen und Linken haben eine Verfassungsklage angekündigt. Sie dürfte gute Erfolgsaussichten haben.

§ 219a StGB: Widerstand in SPD gegen Kompromiss

 Andrea Nahles, SPD.

In der SPD wächst der Widerstand gegen den innerhalb der Bundesregierung ausgehandelten Kompromiss zur Änderung des § 219a StGB. In einer Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) zu dem Regierungskompromiss heißt es, „dem können die SPD-Frauen niemals zustimmen.“ Kritisiert wird, dass das Wort „Werbung“ suggeriere, „Frauen würden sich zur Abtreibung locken lassen, weil sie heute gerade nichts anderes zu tun hätten. Dies ist und bleibt zynisch.“ Auch die Parteilinke kritisiert den Kompromiss. Er sei „ein weiteres Beispiel dafür, wie versucht wird, unterschiedliche Gesellschaftsentwürfe von Union und SPD mit Formelkompromissen zu übertünchen“, so die Vorsitzende des „Forums Demokratische Linke 21“ innerhalb der SPD, Hilde Mattheis.
Bild: Deutscher Bundestag/Achim Melde

 

Gremmels (SPD) zu § 219a StGB: Frauenärzte müssen straffrei über Schwangerschaftsabbruch informieren dürfen

Timon Gremmels, SPD

Nach Auffassung des Kasseler Bundestagsabgeordneten Timon Gremmels (SPD) brauchen Frauen und Ärztinnen und Ärzte endlich Klarheit zum Recht auf Information zu Schwangerschaftsabbrüchen. „Die bisher bestehende Rechtsunsicherheit und Kriminalisierung ist nicht länger hinnehmbar. Um dieses Ziel zu erreichen, wäre die Streichung des Paragraphen 219a StGB der klarste und einfachste Weg. Die SPD-Bundestagsfraktion hat genau vor einem Jahr einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Diesen umzusetzen, scheitert aber an unseren Koalitionspartnern von CDU und CSU“, so Gremmels. Dennoch wolle er den angekündigten konkreten Gesetzestext der Bundesregierung – insbesondere zu Punkt 4 des Eckpunktepapiers – abwarten und ihn dann bewerten. „Mein Bewertungsmaßstab wird dabei, dass sich Fälle wie der von der Kasseler Frauenärztin Nora Szasz nicht wiederholen. Es muss rechtlich sichergestellt werden, dass Frauen sich sachlich und praxistauglich auf den Webseiten der Ärztinnen und Ärzte informieren können und diese Information für Frauenärzte nicht strafbar ist. Dieser Anspruch war der Ausgangspunkt der Diskussion über den § 219a StGB. Mitglieder der Bundesregierung haben sich auf ein Eckpunktepapier zur Änderung des § 219a StGB verständig mit dem Ziel, das strafbewehrte Verbot der Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch beizubehalten, die Information darüber aber straffrei zu stellen. Auf dieser Grundlage soll Justizministerin Barley einen Gesetzesentwurf vorlegen.
Bild: Deutscher Bundestag, Achim Melde

 

§ 219a: LG Gießen bestätigt Geldstrafe gegen Ärztin

Das Landgericht Gießen hat die Berufung der Ärztin Kristina Hänel gegen ihre Verurteilung wegen illegaler Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zurückgewiesen. Es bestätigt damit die Verurteilung der Ärztin auf Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 6000,- €, die das Amtsgericht Gießen verhängt hatte. Ihr Verteidiger hatte mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft angeregt, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsgemäßheit des § 219a StGB einzuholen. Dies lehnte das Landgericht ab, weil es die Vorschrift nicht für verfassungswidrig hält. Die Verurteilung erfolgte, weil die Ärztin auf ihrer Internetseite darüber informierte, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornimmt.
Bild: By Mehr Demokratie (Mündliche Verhandlung in Karlsruhe) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

 

Union sieht keinen Änderungsbedarf bei § 219a StGB – Mehrheit für Abschaffung ungewiss – Anklage auch in Kassel

Die Unionsfraktion sieht bei § 219a StGB, der die Werbung für den Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stellt, keinen Änderungsbedarf. Dies geht aus einem Schreiben der neuen CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer an die Funktionsträger der CDU hervor. Aus der Unionsfraktion werde es keine Unterstützung zur Abschaffung der Regelung geben, so Kramp-Karrenbauer. Deren Abschaffung wird wegen eines Strafprozesses gegen eine Gießener Ärztin gefordert, die auf ihrer Internetseite auf die Möglichkeit der Durchführung eines Schwangerschaftsabbruches in ihrer Praxis hingewiesen hatte. Das Amtsgericht Gießen sah die Strafvorschrift als verwirklicht an und verurteilte die Ärztin zu einer Geldstrafe. Auch in Kassel wurden zwei Frauenärztinnen wegen eines Hinweises auf ihrer Internetseite angeklagt. Derzeit liegen Anträge der Fraktionen von FDP, Linken und Grünen vor. Linke und Grüne wollen die Vorschrift streichen, die FDP schlägt eine Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit vor. Offen ist das Verhalten der SPD. Die Fraktion hatte einstimmig die Abschaffung der Vorschrift beschlossen, einen eigenen Antrag aber aus Rücksicht auf die Union bisher nicht eingebracht. Da auch die AfD gegen eine Änderung der Vorschrift eintritt, kommt es auf die SPD an: Nur mit ihr wird es eine Änderung oder Abschaffung der Regelung geben.
Bild: By Olaf Kosinsky (Own work) [CC BY-SA 3.0 de (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons