Im Rahmen der von Scientists for Future und dem Staatstheater Kassel veranstalteten Diskussionsrunde zum Klimaschutz gaben alle Parteien, mit Ausnahme der AfD natürlich, Bekenntnisse zur Klimaneutralität Kassels im Jahr 2030 und zur Verkehrswende ab – allerdings überwiegend Lippenbekenntnisse, wie die Diskussion in ihrem Verlauf zeigte. Klimaneutralität bedeutet, dass keine Treibhausgase, insbesondere CO2, mehr emittiert werden. Bezogen auf den Verkehr heißt dies, dass keine Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor im Jahr 2030 in Kassel mehr fahren dürfen. Dies ist das Ziel. Der Vertreter der FDP will dieses Ziel dadurch erreichen, dass Brücken für den Fahrradverkehr gebaut und die Autos unterirdisch geführt werden. Der Vertreter der CDU will mehr Straßenbahnen, vor allem nach Wolfsanger. Für den Vertreter der SPD müssen die Verkehrsflächen gerecht verteilt sein. Ob dies derzeit der Fall ist und vor allem ob die Verkehrsflächen zu Lasten des KfZ-Verkehrs neu verteilt werden müssen, lässt er offen. Für den Vertreter der Freien Wähler fahren zu viele Autos im Wesertor und deshalb müsse man eine Nordtangente bauen. Die Vertreterin der Grünen lässt zumindest erkennen, dass zu einer Verkehrswende Einschränkungen des KfZ-Verkehrs gehören. Einen kostenlosen ÖPNV lehnt sie ab. Allein die Vertreter der Kasseler Linken und der Wählergruppe Rettet die Bienen wollen den KfZ-Verkehr auch durch drastische Maßnahmen zurückdrängen. SPD, CDU, FDP und Freie Wähler sollten so ehrlich sein und einräumen, dass sie in Wirklichkeit keine Klimaneutralität und keine Verkehrswende anstreben. Beides wird nur durch einen drastischen Rückgang des KfZ-Verkehrs erreichbar sein. Genau dies aber wollen diese Parteien nicht. Kassel wird die versprochene Klimaneutralität bis 2030 nur dann erreichen, wenn es nach der Wahl im neuen Stadtparlament eine Mehrheit aus Grünen, Linken und Rettet die Bienen gibt und die Grünen den Mut haben, eine solche Koalition anzuführen.
Die Diskussionsrunde ist hier abrufbar: https://www.youtube.com/watch?v=uDo4IPOTP8o&feature=youtu.be
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Houellebecqs Unterwerfung als Satire – Staatstheater Kassel inszeniert umstrittenen Roman des französischen Intellektuellen
Was passiert, wenn die links- und rechtsdemokratischen Parteien zur Verhinderung der Machtübernahme der Rechtspopulisten sich auf einen Moslembruder als Regierungschef verständigen? Im Theater gibt es keine Stühle mehr – jedenfalls nicht für die Männer. Nach der Hälfte des Stückes werden die Frauen von den Schauspielern auf ihre Sitzplätze geführt. Und die Männer? Auf die Bühne – als lebende Beispiele für einsame, orientierungslose, vom Humanismus geschwächte, im Grunde ihres Herzens das Patriarchat sich zurückwünschende und die Polygamie anstrebende Kreaturen. Die deshalb anfällig sind für den Islam. Der verspricht, was das weibliche Christentum ihnen versagt: drei Ehefrauen, die ihn abends unterwürfig empfangen – in Reizwäsche und nicht im Jogginganzug. Die Rückkehr also der natürlichen Ordnung. Houellebecq bedient in seinem Roman sämtliche Vorurteile gegenüber dem Islam. Und dem Christentum. Und dem Humanismus. Gustav Rueb überzeichnet sie noch einmal in seiner Inszenierung. Mit welchem Ziel? Dem aufgeklärten Christen blutet am Ende das Herz. Viel Beifall vom sehr jungen Publikum. Es wurden sechs Vorhänge gezählt. Weitere Vorstellungen am 29.03.18, 06.04.18, 14.04.18, 19.04.18, 11.05.18, 17.06.18, 24.06.18, jeweils 20.15 im tif.