Stramm-konservative Juristin wird erste Bundeskanzlerin in Österreich

Brigitte Bierlein, die Präsidentin des österreichischen Verfassungsgerichtshofes, wird als erste Frau das Amt des Bundeskanzlers übernehmen. Dies kündigte Bundespräsident Alexander van der Bellen nach Konsultationen mit den Parteien an. Die 69-jährige Juristin war zunächst als Staatsanwältin tätig. Ihren Aufstieg zur Verfassungsrichterin verdankt sie der konservativen ÖVP und der rechtspopulistischen FPÖ. ÖVP-Kanzler Schüssel schlug sie 2003 im Namen seiner Koalitionsregierung aus ÖVP und FPÖ und gegen den heftigen Widerstand der SPÖ noch kurz vor der Wahl als Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofes vor. In den Koalitionsverhandlungen von ÖVP und FPÖ 2017 wurde sie als Justizministerin gehandelt. Am Ende erfolgte ihr Aufstieg zur Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes. Nunmehr wird sie bis zu den Neuwahlen im September einer Übergangsregierung als Bundeskanzlerin vorstehen.
Bild: Manfred Werner/Tsui – CC by-sa 3.0 [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)]

Nahles traut sich Kanzlerkandidatur zu

Die SPD-Vorsitzende Andreas Nahles traut sich die Kanzlerkandidatur zu. Gegenüber dem Redaktionsnetztwerk Deutschland antwortete sie auf eine entsprechende Frage: „Aber sicher! Wenn ich mir eine Kanzlerkandidatur nicht zutrauen würde, hätte ich mich niemals um das Amt der SPD-Vorsitzenden beworben.“ Sie reagiert damit auf eine Bemerkung von Altkanzler Gerhard Schröer (SPD), der ihre Eignung für eine Kanzlerkandidatur öffentlich bezweifelt hatte. Unabdingbare Voraussetzung für einen Kanzler sei wirtschaftlicher Sachverstand, so Schröder. Dass Nahles darüber verfüge „würde nicht mal sie selbst von sich behaupten“. Zuvor hatte sich bereits der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel abfällig über Nahles geäußert. Er lobte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für dessen Vorschlag zur Grundrente. Dieser bringe das Sozialministerium auf Kurs, „das noch vor zwei Jahren die Grundrente verhindert hatte“. Vor zwei Jahren war Nahles Sozialministerin. Zum Jahreswechsel hatte sich bereits Vizekanzler Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidat ins Spiel gebracht, der als Vertrauter von Nahles gilt. Seither wird angenommen, dass sich die beiden bereits auf Scholz als Kanzlerkandidaten verständigt haben.
Bild: Deutscher Bundestag/Achim Melde

TV-Duell: Wohl kein ausreichender Rückenwind für Schulz

Trotz leichter Vorteile im TV-Duell mit Angela Merkel ist Martin Schulz wohl nicht der entscheidende Durchbruch hin zu einer Wende im Wahlkampf gelungen. Bei Merkel war erneut erkennbar, dass sie diese Art der Auseinander nicht sonderlich mag. Schulz dagegen wirkte insgesamt schlagfertiger. Sein Manko war allerdings, dass er sich inhaltlich nicht deutlich genug von Merkel abgrenzen konnte. Merkel parierte die Angriffe von Schulz immer wieder mit Hinweis auf die gemeinsame Regierungspolitik in der großen Koalition. Wie im bisherigen Wahlkampf insgesamt zeigte sich auch in dem TV-Duell, dass es ein Fehler der SPD war, nach der großen Koalition von 2005 bis 2009, die mit einem desaströsen Wahlergebnis für die SPD endete, nach der letzten Bundestagswahl erneut als Juniorpartner eine große Koalition einzugehen. Wie 2005 hätte es auch 2013 eine Mehrheit gegen die Union und Merkel gegeben. Eine solche Mehrheit zeichnet sich – auch nach diesem TV-Duell – bei dieser Wahl nicht ab.

SPD gibt eigenes Wahlziel auf

Die SPD hat sich angesichts der Umfragewerte innerlich bereits von ihrem Wahlziel, stärkste Partei im kommenden Bundestag zu werden, verabschiedet. So jedenfalls kann man eine Äußerung von Bundesaußenminister Gabriel gegenüber dem Spiegel interpretieren. Darin lehnt er eine große Koalition als nicht sinnvoll ab, weil die SPD dann nicht den Kanzler stellen würde. Dies könnte sie jedoch, wenn sie aus der Bundestagswahl als stärkste Partei hervorgehen würde. Nach den jüngsten Umfragen liegt sie bis zu 18 Prozentpunkten hinter der Union. Auch für eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP oder eine rot-rot-grüne Koalition sagen die Umfragen keine Mehrheit voraus.