Auch SPD-Neumitglieder dürfen über GroKo abstimmen

Die Führung der SPD hat entschieden, dass auch Neumitglieder sich an der Abstimmung über einen Koalitionsvertrag mit den Unionsparteien beteiligen können. Stichtag ist der 6. Februar 2018. Wer bis zu diesem Tag in die Mitgliederdatei aufgenommen wurde, ist abstimmungsberechtigt. Zuvor hatte sich die Führungsspitze besorgt gezeigt über die große Zahl von Neueintritten. Die Jusos hatten für den Parteieintritt geworben („Einen Zehner gegen die GroKo“) in der Hoffnung, damit die Zahl der Gegner einer großen Koalition zu erhöhen.

SPD-Führung besorgt über große Zahl von Neueintritten

Die Führung der SPD ist besorgt über die große Zahl von Neueintritten seit dem Beschluss des Bundesparteitages über die Aufnahme von Verhandlungen mit der Union zur Bildung einer Koalition. Mit dem Beschluss steht zugleich fest, dass die Mitglieder der SPD und nicht ein Parteitag über einen Eintritt in eine solche Koalition entscheiden werden. Die Sorge rührt daher, dass die Gegner einer Koalition mit der Union, insbesondere die Jusos, zum Eintritt in die SPD aufgefordert haben, um auf diese Weise das Ergebnis des Mitgliederentscheides zu beeinflussen. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil kündigte an, dass der SPD-Vorstand in der kommenden Woche einen Stichtag festlegen werde, von dem an Mitglieder in der Partei gewesen sein müssen, um sich am Mitgliedervotum beteiligen zu dürfen. Die SPD geht damit einen anderen Weg als die britische Labour-Partei. Diese hatte im Zuge der Direktwahl des Parteivorsitzenden ihre Mitgliederzahl verdreifacht. Insbesondere die Neumitglieder wählten gegen den Willen der Parteiführung Jeremy Corbyn zum neuen Vorsitzenden, der bei der Unterhauswahl die regierenden Tories an den Rand einer Niederlage brachte. Labour ist seither mit etwa 640.000 Mitgliedern die mit Abstand mitgliederstärkste Partei in Europa.

Nach Parteitagsbeschluss: SPD fällt auf 17% bzw. 18% Zustimmung

Nachdem der SPD-Parteitag mit knapper Mehrheit die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union zur Bildung einer Koalition beschlossen hat, fallen die Zustimmungswerte der SPD in zwei Umfragen auf historische Tiefststände. Forsa ermittelt einen Wert von 17%, INSA von 18%. Beide Werte wurden am 22.01.2018 und damit nach dem Parteitag erhoben.

Hier geht es zu den Umfragen.

SPD will ohne Gabriel mit Union sondieren

Der Vorstand der SPD hat einstimmig beschlossen, Sondierungsgespräche mit der Union zur Bildung einer neuen Bundesregierung aufzunehmen. Der Vorstand folgt damit einem Vorschlag von Parteichef Martin Schulz, der unmittelbar nach der Bundestagswahl und dann noch einmal nach dem Scheitern einer Jamaika-Koalition eine große Koalition mit der Union ausgeschlossen hatte. Erst eine deutliche Mahnung des Bundespräsidenten Steinmeier führte zu einem Umdenkungsprozess in der SPD. Zum zwölfköpfigen Verhandlungsteam gehört nicht der ehemalige Vorsitzende Sigmar Gabriel, der die SPD in die letzte große Koalition geführt hat. Der Vorstand benannte Schulz, Fraktionschefin Andrea Nahles, Generalsekretär Lars Klingbeil, die sechs stellvertretenden Parteichefs sowie den niedersächsischen Ministerpräsident Stephan Weil, NRW-Landeschef Michael Groschek und die stellvertretende saarländische Regierungschefin Anke Rehlinger. Groschek ist der Vorsitzende des größten Landesverbandes, der einer großen Koalition sehr skeptisch gegen übersteht, die Landespolitiker Weil und Rehlinger hatten zuletzt erfolgreich große Koalitionen verhandelt.

 

Große Kooperation statt große Koalition? Ein sinnvoller Ausweg

Ein Ausweg aus der derzeit sehr schwierigen Situation der Regierungsbildung könnte die Vereinbarung einer Kooperation zwischen der Union und der SPD sein. Sie ist ein Mittelweg zwischen einer Koalition, in der die Partner immer gemeinsam abstimmen und einer Minderheitsregierung, bei der es keine Vereinbarung zwischen den Parteien gibt. Bei einer Kooperation verständigt man sich auf wesentliche Punkte einer gemeinsamen Politik, etwa der Verabschiedung eines Haushalts oder eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, im übrigen sind die Partner aber frei. Die SPD hätte den Vorteil, dass sie eine ungeliebte Koalition mit einer starren Vereinbarung mit der Union nicht eingehen muss. Sie hätte genügend Freiraum, um das eigene Profil deutlich werden zu lassen. Die Union hätte den Vorteil, dass sie die Kanzlerin mit allen Ministern stellt und Mehrheiten gegen sie im Bundestag nur sehr schwer zu organisieren sind. Nur wenn SPD, FDP, Linke und Grüne gemeinsam abstimmen, gäbe es eine Mehrheit gegen die Union. Diese könnte sowohl mit der SPD als auch mit den Grünen und der FDP eine Mehrheit bilden. Hinzu kommt, dass die Bundesregierung, einmal im Amt, nach dem Grundgesetz über eine sehr starke Stellung verfügt. Sie kann nur konstruktiv abgewählt werden, also nur dadurch, dass der Bundestag mit der Kanzlermehrheit eine andere Person zum Bundeskanzler wählt. Eine große Koalition wäre damit ein sinnvoller Ausweg zur Bildung einer neuen Bundesregierung.

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Umfrage: SPD unter 20% – Grüne verbessert

Nach der jüngsten Umfrage des Forsa-Instituts erreicht die SPD lediglich noch eine Zustimmung von 19%. Die Union kommt auf 33%, die Grünen auf 12%, die FDP auf 10%, die Linken auf 9% und die AfD auf 11%. Damit profitierten die Grünen von den gescheiterten Verhandlungen zur Bildung einer Jamaika-Koalition. Verglichen zur Bundestagswahl konnten sie sich von 8.9% um 3,1 Prozentpunkte verbessern.

Hier die Umfrage von Forsa.

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NRW-SPD stellt Bedingungen für GroKo: Bürgerversicherung, höhere Renten und höhere Steuern auf große Vermögen

Der mit Abstand größte und einflussreichste Landesverband der Sozialdemokraten, die SPD aus Nordrhein-Westfalen, hat seine ablehnende Haltung gegenüber einer großen Koalition aus Union und SPD aufgegeben. Der Vorstand des Landesverbandes stellt allerdings weitreichende Bedingungen für seine Zustimmung zu einer solchen Koalition: Bürgerversicherung, höhere Renten und höhere Steuern auf große Vermögen. Gegen die NRW-SPD wird keine Mehrheit in der SPD für eine große Koalition erreichbar sein. Gleichzeitig dürften diese Forderungen auf einen erheblichen Widerstand in der Union stoßen.

SPD kann sich auch in der GroKo erneuern – wenn sie denn eine Erneuerung will

Die SPD müsse sich jetzt erneuern und dürfe deshalb nicht eine große Koalition mit der Union eingehen. Zudem werde die SPD in einer solchen Konstellation noch weiter an Zustimmung verlieren. Betrachtet man nur die beiden großen Koalitionen unter Merkel, dann mag dieser Eindruck richtig sein. Schaut man weiter zurück, so kommen Zweifel auf. In der ersten großen Koalition von 1966 bis 1969 war die SPD auch Juniorpartner und stellte mit Willy Brandt nur den Vizekanzler und Außenminister. Dennoch legte sie in der Wahl 1969 zu und die Union als Partei des Kanzlers verlor an Zustimmung. Am Ende stellte die SPD aus der großen Koalition heraus mit Brandt zum ersten Mal den Kanzler. Auch die These, die SPD werde in der Opposition automatisch wieder erstarken, ist gewagt. Von 2009 bis 2013 war sie in der Opposition. Bei der Wahl 2013 stieg ihr Ergebnis von 23% auf 25,7%, ihrem bis dahin zweitschlechtesten Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik. Entscheidend für die SPD wird deshalb sein, ob sie sich tatsächlich erneuert, ob sie wieder Politik macht für die Interessen jener, die zumindest in der Versuchung stehen, SPD zu wählen. Kündigte Willy Brandt einer seinen vielen Reformen an, dann überzeugte er damit die Anhänger der SPD. Denn ihre Lebensverhältnisse sollten sich durch die Reform verbessern. Kündigte Schröder eine Reform an, dann ging es um eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse insbesondere der eigenen Wähler. Nur wenn die SPD für sich klärt, für wen sie Politik machen will, wer der Adressat ihrer Politik sein soll, kann sie wieder erstarken. Betrachtet man die Diskussion innerhalb der SPD, kommen da Zweifel auf – und zwar unabhängig davon, ob die SPD regiert oder opponiert.

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In der SPD beginnt die Diskussion über die Große Koalition

Trotz einer weiteren Bekräftigung der Absage an eine Koalition mit der Union durch die Führung der SPD hat in der Partei die Diskussion über die Bildung einer Großen Koalition begonnen. So sprechen sich die SPD-Bundestagsabgeordneten Bernd Westphal,  Johannes Rechner und Johannes Kahrs für Verhandlungen mit der Union zur Bildung einer Großen Koalition aus. Kahrs ist Sprecher des einflußreichen rechten Flügels der Partei, dem auch Parteichef Schulz zugerechnet wird. Auch die Mahnung des Bundespräsidenten an alle Parteien und damit auch an die SPD, sich der Verantwortung zum Regieren nicht zu entziehen, wird, so ist zu erwarten, nicht ohne Wirkung bleiben.

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Oppermann öffnet Tür für Große Koalition

Der ehemalige Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, hat die Absage der SPD an eine Große Koalition relativiert. Für den Fall, dass die Bildung einer Koalition aus Union, FDP und Grünen scheitert und Merkel zurücktritt, sieht er eine neue Situation. Dies könnte zu einem Umdenken bei der SPD führen.