Merkel am Jahrestag der Agendapolitik von Union und SPD zur Kanzlerin gewählt

Am 14. März 2018, dem 15. Jahrestag der Rede von Gerhard Schröder, in der dieser die Agenda 2010 verkündete und damit das Ende seiner Kanzlerschaft einläutete, wird Angela Merkel zum viertel Mal zur Kanzlerin gewählt. Die SPD wählt sie zum dritten Mal im Rahmen einer großen Koalition mit der Union. Die SPD bezahlte die Zustimmung zu Merkel bisher mit erheblichen Verlusten bei der folgenden Bundestagswahl. Dennoch stimmten zwei Drittel der SPD-Mitglieder für die Fortführung der großen Koalition.
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SPD-Mitgliederentscheid: 66% für Koalition mit der Union

Zwei Drittel der SPD-Mitglieder haben sich in einem Mitgliederentscheid für eine Fortsetzung der Koalition mit der Union unter Bundeskanzlerin Merkel ausgesprochen. Die Beteiligung am Entscheid lag bei knapp 80%. Damit steht einer Regierungsbildung nichts mehr im Wege. CDU und CSU hatten sich bereits auf eine Fortsetzung der Koalition ausgesprochen. Bei der Bundestagswahl war die Union auf 32,9% und die SPD auf 20,5% Zustimmung gefallen, für beide das schlechteste Ergebnis seit 1949.

Merkel kündigt personelle Erneuerung an

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat in einem Interview mit dem ZDF eine personelle Erneuerung bezogen auf die von der CDU gestellten Minister im neuen Kabinett angekündigt. Die Kandidaten werde sie noch vor dem Parteitag der CDU, der den mit der SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag billigen soll, vorstellen. Gleichzeitig kündigte sie an, die volle Legislaturperiode von vier Jahren Kanzlerin bleiben zu wollen. Merkel reagiert damit auf Kritik am Koalitionsvertrag aus den eigenen Reihen.

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Schulz verzichtet auf Amt des Außenministers

Der noch amtierende SPD-Chef Schulz verzichtet darauf, in der neuen Regierung das Amt des Außenministers zu übernehmen. Er sieht durch die parteiinterne Diskussion um seine Person ein erfolgreiches Votum beim SPD-Mitgliederentscheid über Schwarz-Rot gefährdet. „Daher erkläre ich hiermit meinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung und hoffe gleichzeitig inständig, dass damit die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind“, so Schulz. „Wir alle machen Politik für die Menschen in diesem Land. Dazu gehört, dass meine persönlichen Ambitionen hinter den Interessen der Partei zurückstehen müssen.“
Die Erklärung von Schulz im Wortlaut:
„Der von mir gemeinsam mit der SPD-Parteispitze ausverhandelte Koalitionsvertrag sticht dadurch hervor, dass er in sehr vielen Bereichen das Leben der Menschen verbessern kann. Ich habe immer betont, dass – sollten wir in eine Koalition eintreten – wir das nur tun, wenn unsere sozialdemokratischen Forderungen nach Verbesserungen bei Bildung, Pflege, Rente, Arbeit und Steuer Einzug in diesen Vertrag finden. Ich bin stolz sagen zu können, dass das der Fall ist. Insbesondere ist die Neuausrichtung der Europapolitik ein großer Erfolg. Umso mehr ist es für mich von höchster Bedeutung, dass die Mitglieder der SPD beim Mitgliedervotum für diesen Vertrag stimmen, weil sie von dessen Inhalten genauso überzeugt sind, wie ich es bin. Durch die Diskussion um meine Person sehe ich ein erfolgreiches Votum allerdings gefährdet. Daher erkläre ich hiermit meinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung und hoffe gleichzeitig inständig, dass damit die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind. Wir alle machen Politik für die Menschen in diesem Land. Dazu gehört, dass meine persönlichen Ambitionen hinter den Interessen der Partei zurück stehen müssen.“

 

Offener Machtkampf in der SPD: Gabriel wirft Schulz Wortbruch und Respektlosigkeit vor

Nach seiner Nichtberücksichtigung für das neue Kabinett erhebt der noch amtierende Außenminister Sigmar schwere Vorwürfe gegenüber der SPD-Führung: „Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt“, so Gabriel gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Gabriel bezieht sich offenbar auf eine Zusage von Schulz, dass er im Falle der Bildung einer großen Koalition Außenminister bleiben werde. Zuvor hatte Gabriel zu Gunsten von Schulz auf den Parteivorsitz und die Kanzlerkandidatur verzichtet und das Amt des Außenministers übernommen. Ob es eine solche Zusage gibt, ist jedoch unklar. Schulz, der noch nach der Bundestagswahl ausgeschlossen hatte, in ein Kabinett Merkel einzutreten, hatte am Mittwoch erklärt, dass er selbst Außenminister werden will. „Ich habe das Amt des Außenministers gern und in den Augen der Bevölkerung offenbar auch ganz gut und erfolgreich gemacht. Und da ist es ja klar, dass ich bedauere, dass diese öffentliche Wertschätzung meiner Arbeit der neuen SPD-Führung herzlich egal war“, so Gabriel. Auch wenn in der Politik auch schon mal mit harten Bandagen gestritten werde, sollte jedoch mit offenem Visier erfolgen. „Ich komme wohl noch zu sehr aus einer analogen Welt, in der man sich nicht immer nur umschleicht, sondern sich einfach mal in die Augen schaut und die Wahrheit sagt. Das ist scheinbar aus der Mode gekommen.“ Wohl aus Verärgerung hat Gabriel sämtliche Termine als Außenminister abgesagt. „Für mich beginnt jetzt eine neue Zeit. Meine kleine Tochter Marie hat mir heute früh gesagt: ‚Du musst nicht traurig sein, Papa, jetzt hast du doch mehr Zeit mit uns. Das ist doch besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht.'“

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Mitglieder entscheiden über Schicksal der SPD

Nachdem die Parteiführung einen Koalitionsvertrag mit der Union ausgehandelt hat, werden nunmehr die Mitglieder der SPD darüber entscheiden, ob die Partei dem Weg ihrer Schwesterparteien in Frankreich, Spanien, Österreich, Italien, Griechenland und den Niederlanden in die Bedeutungslosigkeit folgen wird. Keiner der Gründe, die zu dem massiven Vertrauensverlust bei den Wählerinnen und Wählern geführt haben, werden auch nur im Ansatz beseitigt. Da weder der Spitzensteuersatz angehoben noch eine Vermögenssteuer eingeführt werden, bleibt es bei der großen und weiter wachsenden Ungleichheit bei der Vermögensverteilung. Die Agenda-Politik, die massiv die Interessen der sozialdemokratischen Wählerschaft  beeinträchtigt und die zu einer tiefen Vertrauenskrise zwischen Partei und Anhängerschaft geführt hat, wird nicht korrigiert. Weder bei der Kranken- noch bei der Rentenversicherung wird es eine Bürgerversicherung geben. Die Altersarmut wird, auch wegen der nicht korrigierten Agenda-Politik, weiter steigen. Es kommt hinzu eine Personalpolitik der Führungsspitze, die jede Glaubwürdigkeit untergräbt. Ob die Mitglieder der SPD über mehr politisches Gespür verfügen als ihre Führungsspitze, wird sich zeigen. Der SPD ist ein klares Votum ihrer Mitglieder gegen eine große Koalition zu wünschen.

Merkel zahlt hohen Preis für Machterhalt

Angela Merkel und mit ihr die CDU zahlen einen hohen Preis, um das Kanzleramt und damit die Macht für sich zu erhalten. Sie geben sowohl das Finanz- als auch das Innenministerium ab. Das auch für die Europapolitik wichtige Schlüsselressort Finanzen fällt an die SPD. Das Innenressort geht an Seehofer und damit die CSU. Auch inhaltlich ist die Union der SPD verglichen mit dem Ergebnis der Sondierungsgespräche noch einmal entgegengekommen.  Ob dies am Ende ausreichen wird, damit Merkel noch einmal zur Kanzlerin gewählt wird, ist jedoch unklar. Über ihr Schicksal entscheiden jetzt die Mitglieder der SPD.

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Union und SPD einig: Seehofer wird Innenminister, SPD erhält Außen- und Finanzministerium, Scholz neuer Finanzminister?

Union und SPD haben sich offenbar auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Ein aufgewertetes Innenministerium erhält die CSU. Es wird damit gerechnet, dass dies mit CSU-Chef Seehofer besetzt wird. Die SPD erhält das Außen- und Finanzministerium. Als neuer Finanzminister wird Hamburgs Bürgermeister Scholz gehandelt.

Umfrage: Parteien der großen Koalition zusammen nur noch bei 47,5% Zustimmung

Die Verhandlungen zur Bildung einer großen Koalition schaden beiden Koalitionspartnern. Union und SPD haben nach einer neuen Umfrage des INSA-Instituts zusammen noch eine Zustimmung von 47,5%. Die Union kommt auf 30,5%, die SPD auf 17%. Bei der Bundestagswahl hatte die Union noch 32,9% und die SPD 20,5% erreicht. Bereits diese Ergebnisse waren historische Tiefpunkte.

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