Kassel: Kein Industriegebiet am Langen Feld

Der Protest der Bürger hatte Erfolg. Die Stadt Kassel gibt ihre Pläne auf, Teile des Gewerbegebietes Langes Feld als Industriegebiet auszuweisen. Die Umwidmung sollte wegen Erweiterungsplänen eines Unternehmens erfolgen. „Der Investor stehe zu seiner Standortentscheidung, habe aber seine Absicht erklärt, sein Unternehmen nicht über den genehmigten Rahmen hinaus baulich erweitern zu wollen, so dass eine Umwidmung entbehrlich ist“, so Oberbürgermeister Geselle (SPD) in einer Presseerklärung. Die Umwidmungsabsichten hatten zu Bürgerprotesten geführt, weil ein Industriegebiet zu noch größeren Belastungen der Anwohner führen kann als ein Gewerbegebiet. Bei der umstrittenen Ausweisung des Langen Feldes als Gewerbegebiet hatten die Vertreter der Stadt immer wieder zugesagt, dort keine Industrie ansiedeln zu wollen.

Generationenwechsel bei den Kasseler Grünen

Boris Mijatovic (45) ist der neue Fraktionschef der Kasseler Grünen. Er löst Dieter Beig (66) ab, der die Fraktion gut fünf Jahre geführt hatte. Mit ihm scheidet auch Dorothee Köpp aus dem Fraktionsvorstand aus. Neu in den Vorstand gewählt wurde Awet Tesfaiesus. Von der Fraktion bestätigt wurden Eva Koch und Steffen Müller. Mijatovic ist auch Vorsitzender des grünen Kreisverbandes und Fan des 1. FC Köln.

1918 Zwischen Niederlage und Neubeginn – Eindrücke von einer Ausstellung in Kassel


Den Ausstellungsititel >1918< zeigt dieses großformatige Display plakativ in Schriftzeichen, dazu jedoch weitschweifig und irritierende Motive einer erst Jahre nach 1918 in Erscheinung tretenden Frauenmode. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Ein Bericht in Worten und Fotografien von Hartwig Bambey. In Kassel haben das Stadtmuseum und die Museumslandschaft Hessen Kassel die Ereignisse vor 100 Jahren zum Ende des 1. Weltkrieges, die Novemberrevolution in Deutschland und die sich in das Jahr 1919 erstreckenden revolutionären und konterrevoutionären Ereignisse, die mit vielen blutigen Gewalthandlungen und Niederschlagungen verbunden waren, zum Anlass eines gemeinsamen großen Ausstellungsprojektes genommen. Die Ausstellung wird im Hessischen Landesmuseum am Brüder-Grimm-Platz und im Stadtmuseum Kassel am Ständeplatz seit 10. November 1918 bis zum 28. April 2019 präsentiert. Es wurden dazu Ideen und Ressourcen in einem gemeinsamen Projekt mit zwei räumlich getrennten Ausstellungsorten vereint, mit dem Vorzug, dass interessierte BesucherInnen die räumliche Distanz zwischen den beiden Museen fußläufig ohne weiteres überwinden können. Für die Umsetzung haben sich die Ausstellungsmacher/innen vom Stadtmuseum und dem Landesmuseum einiger institutioneller Unterstützung versichert, dazu wurde das Archiv der deutschen Frauenbewegung einbezogen. Besucherin kann erwartungsfroh den Ausstellungsbesuch angehen, wobei insgesamt 6 verschiedene Räume in ebensovielen Etagen der beiden Museen aufzusuchen sind. Trotz vorhandener Fahrstühle gerät der Besuch der Doppel-Ausstellung damit zur einigermaßen Zeit, Stehvermögen und Einlassungsfähigkeit erfordernden lohnenden Unternehmung.

Philipp Scheidemann war sozialdemokratischer Oberbürgermeister von Kassel und auch in Berlin ein herausragender Akteur, indem er in der Hauptstadt des deutschen Reiches die Republik ausgerufen hat. Im Stadtmuseum wird die Rolle Scheidemanns in vielfältiger Weise in der Ausstellung thematisiert und dargestellt. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Dass Kassel als Industrie- und Arbeiterstadt, Standort von Rüstungsbetrieben und auch mit politischen Akteuren eine ganze Menge mit den politisch bewegenden Zeiten der Jahre 1918/1919 verbindet, ja dass Kassel durchaus ein wichtiger Ort inmitten der Umbrüche dieser Zeit vor 100 Jahren gewesen ist, wird in der Ausstellung anschaulich und unübersehbar.

Zunächst meuternde und dann revolutionäre Matrosen und Soldaten waren wichtige Subjekte in der (gescheiterten) Novemberrevolution des Jahres 1918. Der hier abgebildete Aufruf belegt entsprechende Geschehnisse und das Wirken politisch aufbegehrender Kräfte in Kassel. Das Stadtmuseum präsentiert dazu einige Original-Dokumente aus dieser Zeit. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Insofern leistet die recht umfangreiche Ausstellung eine wichtige und dringend gebotene Vergegenwärtigung dieser jüngeren, folgenreichen deutschen Vergangenheit. Insbesondere die konkrete Verortung von Ereignissen und Zusammenhängen in Kassel und näherer Umgebung wird mit vielen Exponaten, wie Fotografien, Flugschriften, Plakaten und auch Sachzeugnissen anschaulich und augenscheinlich gemacht. Ohne die allgemeinen Geschehnisse in Deutschland auszublenden, versuchen die MacherInnen der Ausstellung für BesucherIn die unübersichtlichen Ereignisse ein Stück näher zu bringen und sie einzuordnen.

Im hinteren Treppenhaus des Stadtmuseums finden sich im Treppenhaus als Aufgang zu den verschiedenen Ausstellungsräumen großformatige und eindrucksvolle Bildzeugnisse wichtiger Geschehnisse aus der Berichtszeit der Ausstellung – eine gelungene Inszenierung, bei der die Bewegung der Besucher von Raum zu Raum genutzt wird. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Im Stadtmuseum werden Sonderausstellungen im neuen Anbau, verteilt über mehrere Etagen, gezeigt. Das unterbricht für Besucher die Betrachtung. Das Treppenhaus findet sich mit wandgroßen Fotografien einbezogen. Neben politischen Ereignissen versucht der Ausstellungsteil im Stadtmuseum auch die miserablen Lebensumstände für die Menschen in Deutschland, seien es Millionen Kriegsversehrte, von denen viele Prothesen benötigten, hungernde Menschen oder elendig in Lagern gehaltene Kriegsgefangene, zu vergegenwärtigen.

Im obersten Ausstellungsraum des Stadtmuseums verweisen Sachzeugnisse – aus den erst Jahre später bevorstehenden Zwanziger Jahren der Weimarer Republik – auf neue Produkterfindungen wie Tempo-Taschentücher oder Haribo-Süßigkeiten u.a.m.. Ein etwas verspielter und weitschweifiger Ausflug der Kuratoren in die viel später folgende Zeit, endlich wieder und mit neuen Annehmlichkeiten des Konsums und des täglichen Lebens. Sternbald-Foto und Montage Hartwig Bambey

Als Abschluss des (ersten) Teils der Ausstellung im Stadtmuseum Kassel, wird Besucher in den Ausstellungsraum ganz nach oben geführt, wo Jede/r aufgerufen ist mittels Klebepunkten auf großformatigen Tafeln zu markieren, welche politschen Forderungen aus dieser Zeit ihr oder ihm am wichtigsten erscheinen.

Im Landesmuseum thematisiert die Ausstellung wichtige Personen, Hintergründe und Zusammenhänge des Jahres 1918. Uniformen, Bilder, Plakate, Fotografien und Lebensläufe am 1. Weltkrieg beteiligter Soldaten vermitteln dort viele Einblicke und Eindrücke. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Der andere, zweite Teil der Gemeinschaftsausstellung „1918 zwischen Niederlage und Neugbeginn“ im Landesmuseum findet sich im großen Saal unten und im Sonderausstellungsraum ganz oben inszeniert. Dort empfiehlt es sich zunächst per Fahrstuhl zum Teil oben zu fahren und dort zu beginnen. Wer zuvor die Ausstellungsteile im Stadtmuseum besucht hat, kann im Landesmuseum weitere Zusammenhänge erkennen und vertiefen.

Foto und Lebenslauf eines Weltkriegssoldaten in einer interaktiven Bildschirm-präsentation. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Bis hin zu den Lebensläufen und Schicksalen einzelner Soldaten im 1. Weltkrieg geht die Präsentation. Auf einem vom Betrachter selbst steuerbaren Bildschirm können mittels „Blättern“ Fotos und zugehörige Lebensläufe von Soldaten betrachtet und gelesen werden, ein wichtiges interaktives Element in der Ausstellung. Der 1. Weltkrieg als zerstörerisches und im Zusammenbruch einmündendes Ereignis findet sich im Sonderausstellungsraum des Landesmuseums recht ausführlich dargestellt.

Als vierter Teilbereich dieser Ausstellung finden sich im großen Saal des Landesmuseums, direkt aus dem Foyer über wenige Stufen zugänglich, Werke von Künsterlinnen und Künstler aus dieser Zeit präsentiert. Bekannt sind besonders die eindrucksvollen Zeichnungen von Käthe Kollwitz, deren Sohn Opfer des Krieges geworden war. Es finden sich einige Zeichnungen von Käthe Kollwitz, die als Folge ihrer persönlichen Betroffenheit und des allgemeinen Leids, das der Krieg in Deutschland und Europa über Millionen Menschen unausweichbar gebracht hat, zu einer engagierten Kämpferin für Frieden wurde. Damit wird der Niederschlag von Krieg und Kriegswirren in der bildenden Kunst Gegenstand und Thema der Ausstellung. Im großen Saal findet sich dies angedeutet und bruchstückhaft in Werken zeitgenössischer Künstler ausgestellt. Mancher Besucher wird sich hier möglicherweise mehr Werke wünschen, haben doch die Jahre vor und nach 1918 gerade im Kunstschaffen deutliche Spuren, Brüche und Veränderungen als breiter Niederschlag zur Folge gehabt.

Kohlezeichnung „Mütter“ von Käthe Kollwitz 1919

Insgesamt präsentiert die Doppel-Ausstellung als Gemeinschaftsprojekt von Stadtmuseum und Landesmuseum sehr vieles und wichtiges. Damit wird in Kassel Gelegenheit für Einzelbesucher, Gruppen und Schulklassen zur Beschäftigung vor Ort geboten. Dies ist wichtig und ohne Zweifel gelungen, verlangt den BesucherInnen zugleich einige Einlassung, Zeit und die Mobilität zwischen zwei Ausstellungsorten ab. Dass die Ausstellung „1918 zwischen Niederlage und Neubeginn“ nicht zuletzt auf der Basis vorhandener Sachzeugnisse und Dokumente aus den späteren Zwanziger Jahren auch bereits Einblicke in Zeiten und Geschehnisse der Weimarer Republik, bis hin zum Jahr 1928, eröffnet, ist sicherlich weitgehend. Einen Schaden stiftet dies nicht, wenngleich manche/r sich mehr Erläuterung und Einlassung auf die Kernzeit wünschen wird. Das bleibt als Einschätzung und dann persönliche Meinung jedem und jeder selbst überlassen. Denn erst als BesucherIn vor Ort erschließen sich die vielen Hintergründe und Ereignisse, die im Kassel der Jahre um 1918 wichtig, folgenreich und prägend für die Nachfolgezeiten stattgefunden haben.

Die Anfänge von Kassel als Rüstungungsstandort gehen auf den 1. Weltkrieg zurück. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Über die Ausstellung und die zahlreichen Begleitveranstaltungen, darunter Führungen, Vorträge und Filmvorführungen, informieren ein Übersichtsflyer und die Webseiten vom Stadtmuseum und Landesmuseum. Ab nach Kassel…
Originalveröffentlichung in das Marburger.deOnline-Magazin(Lizensiert durch Sternbald Intermedia)

Stadtmuseum Kassel: Full House zum 4o-jährigen Bestehen

Die Fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren in Kassel die Zeit des Wiederaufbaus der im Bombenkrieg 1943 völlig zerstörten Stadt. Dies zu vermitteln ist ein wichtiges Thema und Anliegen in dem Kasseler Haus zur Stadtgeschichte am Ständeplatz. Dass das Leben wieder begann den Menschen Freude zu machen, demonstriert der Kleinwagen dieser Zeit inmitten der ständigen Ausstellung. Am vergangenen Wochenende brauchte es schon einen besonderen Moment frühmorgens oder kurz vor Feierabend, um einen solchermaßen freien Blick auf das knubbelige Gefährt zu erwischen. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

(yb) Einen besonderen Grund hatten Kasseler Bürgerinnen und Bürger am vergangenen Wochenende ihr Stadtmuseum zu besuchen. 1979 – 2019 sind dafür die nackten Zahlen. Mithin seit 40 Jahren gibt es jetzt das städtische Haus der Geschichte zur Darstellung der über 1100 Jahre reichenden Kasseler Stadtgeschichte.


Keinen Kaktus sondern einen Blumentopf mit echtem „Henschel-Gras“ überreichte Karl-Hermann Wegner seinen Nachfolgern in der Museumsleitung Kathrin Schellenberg und Dr. Kai Füldner und unterließ es nicht zu erklären, das solche Grünpflanzen in den Henschel-Werken äußerst verbreitet waren, womit dem grünen Geschenk zugleich eine – wie könnte es anders sein – museale Seite zukommt.Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Wer wollte, konnte sich selbst von der erfolgreichen Aufbauarbeit der letzten 40 Jahren zu überzeugen und sich dabei vom Gründer und langjährigen Direktor i.R. Karl-Hermann Wegner höchstpersönlich durch die Dauerausstellung führen lassen. Karl-Herman Wegners persönliche Führung am Sonntagnachmittag war sehr überlaufen. Wann bietet sich Mensch in Kassel schon einmal solche Gelegenheit von dem Erfinder, unermüdlichen Sammler, Gründer und langjährigen Leiter des Stadtmuseums und zugleich besten Kenner der Stadtgeschichte Kassels durch die Räume geführt zu werden.

Die eckigen und damit dem Gebäudegrundriss ähnlichen Geburtstagstorten zum 40jährigen des Kasseler Stadtmuseums wurden am Sonntagmorgen nach einem Grußwort von Kulturdezernentin Susanne Völker von zwei Direktoren angeschnitten und serviert. Auf dem Foto freut sich Dr. Kai Füldner, rechts, als Direktor der Städtischen Museen schon darauf die Gäste höchstselbst persönlich einmal als Kellner zu bedienen. Währenddessen konnte sich Karl-Hermann Wegner als Museumsdirektor im Ruhestand, mitte, neben Kulturdezernentin Völker, ganz auf die gekonnte Handhabung des Tortenmessers konzentrieren. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Die umfangreiche und vielfältige Sammlung, die im Lauf der Zeit wesentlich durch Sach- und Geldspenden von Kasseler BürgerInnenn zusammen gekommen ist, konnte in den drei Etagen der Ständigen Ausstellung besichtigt, bestaunt und durchlaufen werden. Nach einer Auftaktveranstaltung am Freitag hieß es dazu Türen auf am Samstag und Sonntag – bei freiem Eintritt. So nimmt es nicht Wunder, dass über das Wochenende eine vierstellige Zahl von Kasselern durch die Räume strömte. Mitunter soll es hier und da ein wenig eng gewesen sein, wurde mitgeteilt. Wer frische Luft schnappen wollte oder musste, konnte dabei gleichzeitg oben im 4. OG auf dem Stadtbalkon im turmähnlichen Erweiterungsbau des Stadtmuseums den weiten Blick über die Innenstadt genießen.


Zum Museum gehört spielerisches ‚Begreifen‘, angeboten von den Freunden des Stadtmuseums im Untergeschoss. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Vom sonntagvormittäglichen Kuchen war schnell nichts mehr zu bekommen, dafür gab es im Untergeschoss unterhaltsame Angebote für jüngere Museumsgäste. Am Sonntagnachmittag hat es sich dann auch Hans Eichel, ehemals Oberbürgermeister von Kassel, danach Hessischer Ministerpräsident und schließlich Bundesfinanzminister, nicht nehmen lassen eine Führung zu übernehmen.
Originalveröffentlichung in das Marburger. Online-Magazin (Lizensiert durch Sternbald Intermedia)

Kassel liegt im „divers”-Vergleich nur auf Platz 83 von 100 Städten – Arbeitgeber riskieren Klage

Seit Beginn des Jahres ist das dritte Geschlecht „divers” offiziell gesetzlich verankert. In deutschen Stellenangeboten wird das Geschlecht jedoch nur in 55 Prozent der Fälle angesprochen – womit zahlreiche Arbeitgeber eine Klage riskieren. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Arbeitsmarkt-Analyse der Jobsuchmaschine Adzuna www.adzuna.de, welche Stellenangebote in allen deutschen Bundesländern, den 100 größten Städten sowie verschiedenen Branchen auf die Kennzeichnung hin untersucht hat.

In Sachsen wird „divers” am häufigsten berücksichtigt
Im Vergleich der Bundesländer wird „divers” in Sachsen mit einem Anteil von rund 61 Prozent am häufigsten berücksichtigt. Knapp dahinter folgen Thüringen (60,4 Prozent) und Bremen (59,2 Prozent). Den letzten Platz belegt Schleswig-Holstein mit einem Anteil von 48,8 Prozent, dicht gefolgt von Hamburg mit 51,5 Prozent.

Inja Schneider, Country Managerin Deutschland bei Adzuna, zu den Folgen für Arbeitgeber:
„Unternehmen in Deutschland sind seit dem 01. Januar 2019 dazu verpflichtet, das dritte Geschlecht „divers” in ihren Stellenangeboten anzusprechen. So verlangt es das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), welches merkmals-neutrale Stellenausschreibungen vorsieht. Ein Verstoß kann demnach zu einer Klage führen, falls der abgelehnte Bewerber sich diskriminiert fühlt. Das trifft derzeit für knapp jedes zweite Inserat zu. Wir empfehlen daher Unternehmen dringend, ihre Stellenanzeigen zu überprüfen.”

Anteil unter den Städten unterscheidet sich um bis zu 35 Prozent
Den niedrigsten Wert unter den 100 verglichenen Städten verzeichnen Arbeitgeber in Recklinghausen. In Stellenangeboten der nordrhein-westfälischen Kreisstadt wird das dritte Geschlecht nur in einem Drittel der Stellenangebote (33,9 Prozent) angesprochen. Ähnlich niedrig ist der Anteil in Iserlohn (39 Prozent) und Esslingen am Neckar (39,8 Prozent), die Rang 99 und 98 belegen. Dahinter folgen Trier und Oldenburg mit einem Anteil von rund 40 Prozent. Kassel liegt mit einem Anteil von 49,80 Prozent auf Platz 83.

Auf Platz eins der Analyse befindet sich hingegen das in Baden-Württemberg gelegene Villingen-Schwenningen mit einem Anteil von 68,4 Prozent. Den zweiten Platz belegt Erfurt mit eine Quote von 67,9 Prozent gefolgt von Salzgitter mit 67 Prozent.

Logistik spricht „divers” am öftesten an
In der Logistikbranche wird das dritte Geschlecht in 69,7 Prozent aller Stellenangebote angesprochen – bester Wert des Branchen-Vergleichs. Im Bereich Handel und Bau berücksichtigen mit einem Anteil von 68,5 Prozent jedoch ähnlich viele Arbeitgeber die neue Option. Am niedrigsten ist der Anteil bei Inseraten aus dem Gesundheitswesen: „divers” wird hier nur in 45,6 Prozent der Inserate angesprochen.

Alle Ergebnisse der Analyse finden Sie unter:
www.adzuna.de/blog/2019/01/28/divers-in-stellenangeboten/

Kassel: Viele Gegenstimmen für neuen Parlamentsvorsitzenden Zeidler (SPD)

Bei der Wahl zum Vorsteher der Kasseler Stadtverordnetenversammlung erhielt der Sozialdemokrat Volker Zeidler 17 Gegenstimmen, 47 Stadtverordnete votierten für ihn. Die Wahl war erforderlich geworden, weil die bisherige Amtsinhaberin Petra Friedrich (SPD) überraschend zum Jahresende ihr Amt aufgegeben hatte. Friedrich war mit 62 Stimmen bei 6 Nein-Stimmen in ihr Amt gewählt worden. Die vielen Gegenstimmen sind auch deshalb überraschend, weil die SPD-nahe HNA am Tag der Wahl die Grünen zur Wahl Zeidlers ermahnt und bei seiner Nichtwahl über die Auflösung der rotgrünen Koalition spekuliert hatte.

Museumslandschaft Hessen Kassel: „Hier zu wirken ist keine Arbeit, sondern ein Vergnügen!“ – Ein Gespräch mit Direktor Martin Eberle

(yb) Seit Mai des vergangenen Jahres hat die Museumslandschaft Hesssen Kassel (mhk), die in ihrer Art größte und bedeutendste Kulturinstitution in Hessen für zahlreiche Museen und drei Parklandschaften, einen neuen Leiter. Die Findungskommission hatte Prof. Dr. Martin Eberle vorgeschlagen als Nachfolger für den in Ruhestand gegangenen vorherigen Direktor Küster. Seit Amtsantritt des neuen Direktors sind inzwischen mehr als 100 Tage vergangen. In Kassel warten auf den neuen Leiter viele Aufgaben, worunter die (weitere) Sanierung von Gebäuden und Elementen der Wasserspiel-Anlagen, nur ein Teilbereich sind. Dies gibt guten Anlass, den neuen Mann in Kassel und Leiter für das Weltkulturerbe Bergpark Wilhelmshöhe, das Schloss Wilhelmshöhe mit seiner herausragenden Antiken- und Gemäldesammlung, die Neue Galerie, das Landesmuseum, das Astronomisch-physikalische Kabinett, Schloss Wilhelmsthal und weitere wertvolle Hinterlassenschaften der Hessischen Landgrafen zu seinen Einschätzungen und Vorstellungen zu befragen. Im Nachgang zum ersten Jahrespressegespräch, das der neue mhk-Direktor am 16. Januar angeboten hatte, beantwortete Prof. Dr. Martin Eberle die Fragen der Redaktion.

In der Neuen Galerie soll zukünftig der Darstellung der documenta und von documenta-Künstlern mehr Raum gegeben werden. Ein Konzept dafür hat der neue mhk-Direktor Martin Ebeling inzwischen in Auftrag gegeben. Das Foto hier zeigt Besucherinnen während der Kasseler Museumsnacht 2016. Sternbald-Foto Hartwig Bambey


Redaktion: Sie haben sich von der gewichtigen Position als Direktor der Gothaer Schloss- und Museumslandschaft abwerben lassen um Direktor der Museumslandschaft Hessen Kassel (mhk) zu werden. Was reizt Sie an der Arbeit und den Aufgaben als Direktor in Kassel?
Direktor Eberle: Kassel ist eine der führenden Sammlungen alter Kunst in Deutschland – was sowohl die Quantität der Sammlungen wie deren Qualität betrifft. Dies gilt nicht nur für die wirklich herausragenden Gemälde und die Antikensammlung, sondern auch für das astronomisch-physikalische Kabinett und den kunsthandwerklichen Bereich. Hinzu kommen die Schlösser – Wilhelmshöhe, das Orangerieschloss, Wilhelmsthal und die Löwenburg – alles Bauten von höchstem europäischem Rang. Und die Gärten – über den Bergpark als Weltkulturerbe muss ich hier, glaube ich, gar nicht schwärmen. Dies alles ist natürlich für einen Kunsthistoriker unglaublich reizvoll! Hier zu wirken ist eben keine Arbeit, sondern ein Vergnügen!

Redaktion: Wo liegen in Kassel in Ihren Augen die Hauptaufgaben, nachdem wesentliche Ziele der Sanierung und des Ausbaus, zum Beispiel Neubau samt Wettbewerb für das Deutsche Tapetenmuseum am Brüder-Grimm-Platz, längst formuliert und vieles zum guten Teil bereits umgesetzt wurde?
Direktor Eberle: Sicherlich wird es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten darum gehen die in Fachkreisen sehr wohl bekannte Sammlung einer breiteren Öffentlichkeit zu erschließen. Es geht schlicht und einfach darum, Besucherzahlen zu gewinnen – aber nicht, um die Quote zu erfüllen, sondern tatsächlich um dieses bedeutsame europäische Erbe einem breiten Kreis bekannt zu machen, es erlebbar zu machen, es zu öffnen. Dabei sind aber auch nur scheinbar wesenliche Ziele erreicht – Bauten wurden saniert und neu eingerichtet wie die Neue Galerie oder das Landesmuseum, ein Neubau, das Tapetenmuseum, wird gerade geplant und gebaut. Aber es gibt eben auch noch viel zu tun: Der Marstall und der Gartenbetriebshof müssen saniert und gebaut werden, die Ausstellung im astronomisch-physikalischen Kabinett muss überarbeitet werden, der Weissensteinflügel von Schloss Wilhelmshöhe muss saniert werden, was nun auch schon eingeleitet wurde. Es ist dabei immer wieder hervorzuheben, dass die Landesregierung nicht nur bereits schon viel geschafft hat, sondern weiterhin höchstes Interesse an der Weiterentwicklung der Museumslandschaft Hessen Kassel zeigt und die Weiterentwicklung befördert.

Redaktion: Für Gotha haben Sie die Zielstellung „Barockes Universum Gotha“ als Masterplan maßgeblich selbst entwickelt. Sehen Sie für Kassel ähnliche Möglichkeiten in der hiesigen, recht heterogenen, Museumslandschaft eine Eigenart und „Markenbestimmung“ über den UNESCO-Weltkulturerbestatus hinaus zu etablieren?
Direktor Eberle: Ich finde die Museumslandschaft Hessen Kassel überhaupt nicht heterogen: Hier liegen schlicht und einfach eine 600jährige Tradition des landgräflichen Sammelns zu Grunde! Das zeichnet die Sammlung eben aus, das zeichnet die Museumslandschaft aus. Und dies äußerst sich nicht nur in den Sammlungen von Weltrang, sondern eben auch in den Gebäuden und in den Gärten. Das ist phantastisch – und einzigartig. Hier muss man für die Markenbestimmung anknüpfen!

Redaktion: Welche Stärken und nicht erkannten bzw. angesprochenen Potentiale sehen Sie in Kassel, die mit Ihnen als Direktor zur Entfaltung kommen können oder sollen?
Direktor Eberle: Die Stärke ist diese einheitlich gewachsene Sammlungsstruktur, die sich immer noch am authentischen Ort mit den originalen Schlössern und Gärten wiederfindet. Die Museumslandschaft ist schlicht und einfach eine Einheit, ein eins! – das ist eine riesige Stärke. Das Potential, ein international anerkanntes museal-kulturelles Zentrum zu sein ist riesig! Das muss man weiterentwickeln!

Redaktion: Welche Schwächen und Defizite sehen Sie innerhalb und für die Museumslandschaft Hessen Kassel?
Direktor Eberle: Ich sehe keine Schwäche: Was will man mehr, als Sammlungen von Weltrang, ein Weltkulturerbe, Gärten und Schlösser von höchster kulturhistorischer Bedeutung – und einem Land, das gewillt ist, dies zu stärken und auszubauen und hier bereits entscheidendes in der Vergangenheit erreicht hat. Wunderbar! Sicher – die Bauprojekte der letzten Jahre haben die Potentiale gebunden – aber nun kann man weiter an der Außenwirkung arbeiten.

Redaktion: Sollte für Kassel ein fortzuschreibender Masterplan entwickelt werden, bzw. sollten oder müssen die Ausbau- und Erhaltungs- und Restaurierungspläne fortgeschrieben und gegebenenfalls neu akzentuiert werden?
Direktor Eberle: Es gibt für Kassel einen Masterplan – und der wird natürlich immer wieder an die aktuellen Verhältnisse angepasst. Ein solch riesiges Erbe lässt sich eben nicht in wenigen Jahren bearbeiten – das braucht Jahre und Jahrzehnte. Und genau deshalb ist es die Pflicht, einen Masterplan immer wieder anzupassen. Ein erster Entwurf einer Aktualisierung ist ausgearbeitet. Ich finde das wichtig, wenn man effizient und zielgerichtet an einem solch hochbedeutenden Ensemble wirkt.

Besucherandrang mit langer Warteschlange vor der Neuen Galerie während der documenta 14 im Jahr 2017 sind Ausnahmesituation und ein Phänomen während der documenta als Weltkunstausstellung. Sternbald-Foto Hartwig Bambey

Redaktion: Stehen für die laufenden und kommenden Aufgaben in Kassel hinreichend Ressourcen, Finanzmittel, geeignetes Personal und operative wie strategische Zielformulierungen zur Verfügung?
Direktor Eberle: Ja, die Museumslandschaft ist gut ausgestattet! Das ist nicht in jedem Bundesland so wie in Hessen, dass eine Landesregierung so selbstverständlich hinter seinem historischen Erbe steht. Ich finde das wirklich sehr beeindruckend. Natürlich kann man immer mehr Mittel, mehr Personal benötigen, denn wir in der Kultur haben natürlich auch immer kreative Ideen, die umgesetzt werden wollen. Aber seien wir doch einmal ehrlich: Was hat das Land Hessen nicht schon alles für Kassel erreicht, seitdem die Museumslandschaft Hessen Kassel vor gut zehn Jahren ins Leben gerufen wurde!

Redaktion: Welche drei Wünsche haben Sie an das Land Hessen als neuer Direktor der mhk?
Direktor Eberle: Ich habe nur einen Wunsch an das Land Hessen: Weiter so!

Redaktion: Welche Wünsche haben Sie an die Stadt Kassel und die Bürgerschaft bzw. Menschen in der Stadt und Region?
Direktor Eberle: Ich freue mich immer wieder, welche unglaublich hohe Akzeptanz die Schlösser, Gärten und Sammlungen in der Bürgerschaft Kassels und Nordhessens haben! Das ist sehr wichtig, dass die örtliche Bevölkerung stolz ist auf ihr Erbe, auf die aktuelle Kultur! Und dies ist in Kassel und in der Region ausgesprochen ausgeprägt! – also kann ich auch keine Wünsche haben!

Redaktion: Kassel hat als documenta-Stadt, als Brüder-Grimm-Stadt und mit dem Bergpark Willhelmshöhe in der Museumslandschaft gleich drei Weltmarken vorzuweisen. Liegt hier nicht eine besondere Art von Konfliktstellung vor, in der es zu (ungewollten) Zielkonflikten und Konkurrenzgegebenheiten etwa bei der Vermarktung, kommt oder zukünftig verstärkt kommen kann?
Direktor Eberle: Nein, das ist keine Konkurrenz, das ist eine unglaubliche Chance für Synergien! Und es ist toll, wie in Kassel und in der Region die Akteure in allen Bereichen – von der Wissenschaft bis zum Marketing – hier bereits zusammen agieren. Neid- und Konkurrenzlos. Sehr gut!

Redaktion: Braucht es nicht so etwas wie eine übergreifende Stabsstelle mit bester personeller Ausstattung zwischen Stadt Kassel, dem Land Hessen, der Museumslandschaft, der GRIMMWELT und weiteren Kulturinstituten, um nach innen und außen besser und stärker zu wirken und Perspektiven zu entwickeln. Eine Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas 2025 hat man in Kassel gerade abgeblasen.
Direktor Eberle: Wozu soll die Stabsstelle hilfreich sein? Die Akteure sind gut vernetzt und arbeiten Hand in Hand zusammen. Was will man mehr?

Redaktion: Müssten nicht verstärkt Bekenntnis Ausbau und Perspektiven zu den enormen Kulturpotentialen Kassels in Arbeit gehen statt kulturelle Selbstverzwergung zu betreiben?
Direktor Eberle: Woran machen Sie die kulturelle „Selbstverzwergung“ fest? Ich empfinde das gar nicht so! Ganz im Gegenteil: Kassel und die Region haben in den letzten Jahrzehnten an Selbstbewusstsein und an Stolz gewonnen. Dies merkt man auch in der Stadt, an Läden, Lokalen, am kulturellen Leben in allen Bereichen: Hier spürt man Lebensfreude, Lust – und eben immer wieder auch diesen Stolz auf die eigene Stadt! Das hat viele Begründungen: Kassel ist wirtschaftlich erfolgreich, es ist nicht mehr Zonenrandgebiet, sondern in der Mitte Deutschlands, die documenta erfreut sich seit Jahrzehnten eines weltweiten Ansehens, die Museumslandschaft wird befördert, der Bergpark ist Weltkulturerbe geworden, die Studentenzahlen sind gestiegen etc. etc … Kassel: Eine Erfolgsgeschichte, wie ich meine!

Redaktion: Kassel erhält ein wissenschaftliches documenta-Institut, verbunden mit drei neuen Stiftungsprofessuren. Werden die in Hessen Kassel und in Kurhessen historisch über Jahrhunderte gewachsenen baulichen Bestände, die Kunstsammlungen und Parklandschaften in der wissenschaftlichen Arbeit und Forschung angemessen berücksichtigt?
Direktor Eberle: Ja, die Bauten, Gärten und die Sammlungen der Museumslandschaft sind innerhalb der Wissenschaften überhaupt kein Geheimtipp, sondern sie sind beständig Gegenstand von Wissenschaft und Forschung. Auch hier gilt: Viel ist noch zu tun – aber viel wurde auch schon getan! Und es ist doch gut, dass auch noch viel zu tun ist, denn das wird Generationen von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen weiterhin am Thema Kassel arbeiten lassen. Und auch wir, als Mitarbeiter der Museumslandschaft Hessen Kassel, profitieren von den Ergebnissen nicht nur passiv, sondern sind aktive Mitglieder in dieser Forschungscommunity.

Redaktion: Zu dem von Ihnen vorgefundenen „Erbe“ in der mhk gehört in den letzten Jahren ein Besucherschwund in den meisten Museen und Einrichtungen. Haben Sie bereits Ideen und Vorstellungen, was und wie hier umgesteuert werden kann? Stehen für eine Bewerbung Kassels um das internationale Publikum derzeit überhaupt hinreichende Ressourcen, Manpower, Geldetats und Marketingstrategien zur Verfügung? Andersherum gefragt: Hat man sich in Wiesbaden und in Kassel in den ersten Jahren nach der Verleihung des Weltkulturerbe-Titels zu sehr darauf „ausgeruht“ und ist man im übrigen zu sehr auf Baumaßnahmen fixiert und reduziert?
Direktor Eberle: Ich glaube, hier täuschen Sie sich. Ich kenne nur Zahlen, die eher von einer Kontinuität sprechen. Die Besucherzahlen halten sich über die Jahre konstant. Das ist erstaunlich, bedenkt man, dass doch auch viele Museen und Einrichtungen während der Baumaßnahmen geschlossen waren. Die Lust auf Kassel und die Museumslandschaft ging trotz dieser Einschränkungen eben gerade nicht zurück! Natürlich: Hier ist noch ein Anwachsen der Besucherzahlen möglich – sowohl aus der Region heraus, wie aber auch innerhalb des Tourismus. Die Baumaßnahmen, internen Umstrukturierungen und die Neueinrichtung der Museen haben natürlich auch die Kräfte aller Mitarbeiter gebunden – nun gilt es sich stärker zu öffnen. Dies wird gelingen, da bin ich mir sicher. Und hierzu haben wir ja auch viele, viele Ideen – lassen Sie sich überraschen und bleiben Sie uns einfach treu – es lohnt sich!

Redaktion: Wohnen Sie bereits in Kassel oder wollen Sie hier Ihren Wohnsitz nehmen?
Direktor Eberle: Bereits vor Amtsantritt bin ich hierher gezogen – und habe mich vom ersten Tag an wohl gefühlt! Das ist doch selbstverständlich, dass man in der Stadt wohnt, in der man einer solch bedeutenden Tätigkeit mit Vergnügen nachgehen kann!
Originalveröffentlichung in das Marburger. Online-Magazin (Lizensiert durch Sternbald Intermedia)

Kasseler Linke fordert Ausbau und fahrscheinlose Nutzung des ÖPNV

Die Kasseler Linke fordert eine Fortschreibung des Nahverkehrsplanesplanes mit dem Ziel eines Ausbaus und einer fahrscheinlosen Nutzung des ÖPNV. Der letzte Nahverkehrsplan sei 2014 mit einem Planungshorizont bis 2018 verabschiedet worden. Bisher sei noch keine Aktualisierung in Sicht, obwohl es erhebliche Fahrgastzuwächse durch die Einführung des Schülerinnentickets und des Tickets für die Landesbediensteten gab. Die Landesregierung beabsichtige zudem ein Seniorenticket zu ähnlich günstigen Bedingungen wie das Schülerinnenticket einzuführen, welches zu absehbaren weiteren Zuwächsen bei den Passagieren führen werde. An vielen Stellen stoßen die Kapazitäten im ÖPNV an Grenzen, für weitere Fahrgastzuwächse braucht es eine Planung des Ausbaus. „Der jüngste Abbau durch die Liniennetzreform muss umgekehrt werden. Angesichts des Beitrags des Verkehrs zum Klimawandel, müssen wir weg vom Auto hin zu einer klimagerechten Stadt. Das bedeutet den Nahverkehr auszubauen und sich heute für den Nulltarif vorzubereiten“, so Violetta Bock, verkehrspolitische Sprecherin der Kasseler Linken. Die Finanzierung des ÖPNV erfolge in Kassel zu einem großen Anteil aus Ticketverkäufen bei hohen Fahrpreisen. Künftig werden andere Einnahmequellen und Finanzierungsmodelle für den weiteren Ausbau und dem Nähern des Ziels eines für Passagiere kostenfreien, fahrscheinlosen ÖPNV benötigt.

Initiatoren des Kasseler Radentscheides streben weiter Verkehrswende an

Auch nach der Äußerung von Oberbürgermeister Christian Geselle zur Unzulässigkeit des Radentscheides wollen die Initiatoren nicht aufgeben. „21.781 Personen haben für unsere Forderungen unterschrieben. Wir halten diese nach wie vor für bodenständig und realistisch und wollen uns nicht mit weniger zufrieden geben. Wir fühlen uns den Unterstützer*innen des Radentscheids gegenüber verantwortlich, die sich deutlich spürbare Verbesserungen für den Radverkehr wünschen.“ so Anna Luisa Sümmermann , eine der Initiator*innen. Die Initiative schlägt moderierte Verhandlungen zwischen der Stadt und dem Radentscheid vor. Zudem lässt sie die Rechtsauffassung des Oberbürgermeisters rechtlich prüfen. Über die Zulässigkeit des Radentscheides entscheidet die Stadtverordnetenversammlung. Dort verfügen SPD und Grüne, gegen deren Verkehrspolitik sich der Radentscheid richtet, über eine Mehrheit. „Wir freuen uns darüber, dass wir durch unser Bürgerbegehren das Thema Radverkehr zum Stadtgespräch gemacht haben,“ so Aktivist Arndt Jacobi „die Stadt zeigt sehr viel mehr Interesse daran, seitdem sie weiß, wie viele Menschen in Kassel sich bessere Radwege wünschen. Jetzt ist es an der Zeit zu handeln! Kassel braucht eine sichere Infrastruktur für den Radverkehr!“ Der Radentscheid habe zahlreiche Unterstützer*innen, auch in den Parteien. Während der Unterschriften-Sammlung sammelten auch die Kasseler Grünen, sowie die LINKE für die Initiative Unterschriften. Den Organisator*innen zufolge gibt es aber auch bei SPD und CDU viel Zuspruch für die Forderungen des Radentscheids. Denn: “Verkehrswende ist ein Thema, das alle betrifft, vor allem in Zeiten des Klimawandels!” ist Initiatorin Barbara Beckmann überzeugt. “Eine lebenswertere Stadt mit sauberer Luft kommt allen Bürger*innen zugute!” In ihrem Bürgerbegehren fordert die Initiative u.a. durchgängige gut erkennbare Radwege und -routen, sichere Nebenstraßen, vor allem im Umkreis von Schulen und Kindergärten, Verbesserungen im Kreuzungsbereich für den Fuß- und Radverkehr sowie mehr Abstellanlagen für Fahrräder. Der genaue Inhalt der Ziele findet sich auf der Webseite der Initiative: www.radentscheid-kassel.deAm kommenden Dienstag, den 29.01.2019 , hat der Radentscheid Kassel zusammen mit dem AstA, Greenpeace und dem ADFC Kassel Heinrich Strößenreuther vom Volksentscheid Fahrrad aus Berlin eingeladen,. Strößenreuther berichtet ab 19:30 Uhr im Hörsaal 4 des CampusCenter, Moritzstraße 18, über seine Erfahrungen in der Kampagnenarbeit für die Verkehrswende und Deutschlands erstem Mobilitätsgesetz. Außerdem wird es Informationen zum Stand des Bürgerbegehrens geben.

Oberbürgermeister Geselle (SPD) hält Kasseler Radentscheid für unzulässig

Der Kasseler Oberbürger Christian Geselle (SPD) hält den von fast 22.000 Bürgern unterstützten Radentscheid für rechtlich unzulässig. Mit dem Begehren wollen die Unterzeichner eine Abkehr von der autofreundlichen Verkehrspolitik in Kassel erreichen. Ein erfolgreicher Radentscheid würde die Verkehrspolitik der rotgrünen Mehrheit auf eine Verkehrswende hin zu einer stärkeren Berücksichtigung des Fahrrades verpflichten. Dies lehnt insbesondere die Kasseler SPD ab. Zur Begründung der Unzulässigkeit des Radentscheides führt Geselle an, dass die geschätzten Kosten für die Verkehrswende zu niedrig angesetzt und die Umsetzungszeiträume für einzelne Ziele zu knapp bemessen seien. Andere Punkte des Forderungskatalogs liegen nicht in der Zuständigkeit der Stadtverordnetenversammlung oder seien inhaltlich zu unbestimmt. Endgültig wird die Kasseler Stadtverordnetenversammlung über die Zulässigkeit des Begehrens entscheiden. Dort verfügen SPD und Grüne, gegen deren Verkehrspolitik sich der Radentscheid richtet, über eine Mehrheit.