Bioland-Bauern fordern: Leinen los für aktiven Klimaschutz

Jan Plagge

(pm) Bioland unterstützt die Forderungen der hunderttausenden Schüler und Schülerinnen der weltweiten „Fridays for Future“-Bewegung für eine wirkungsvolle Klimapolitik. Die 180 Bundesdelegierten waren auf ihrer Frühjahrsversammlung Anfang der Woche begeistert von dem Engagement der Jugend für diese zentrale Zukunftsfrage zum Überleben der Menschheit. „Genau diese Aufbruchsstimmung, die die Jugend heute auf die Straße bringt, hat uns damals motiviert, unsere Betriebe auf Biolandbau umzustellen“, sagt Gita Sandrock, Betriebsleiterin eines Bioland-Betriebes aus Nordhessen, der bereits vor 44 Jahren auf Biolandbau umgestellt wurde. Sandrock ruft der Jugend zu: „Bleibt hartnäckig und haltet durch!“.
Theresia Kübler, Vorstandsmitglied im Jungen Bioland e.V. ergänzt: „Die jungen Menschen sind aufgewacht und machen mit „Fridays for Future“ eindeutig klar, dass politisches Handeln gefragt ist. Wir als gesamte Gesellschaft und die politischen Entscheidungsträger sind gefordert die Leinen los zu machen, endlich unter der Flagge eines aktiven Klimaschutzes zu segeln.“
Allen Bioland-Delegierten ist bewusst, dass die Landwirtschaft nicht nur Opfer des Klimawechsels, sondern auch mitverantwortlich ist. Rund zehn Prozent der gesamten Treibhausgas-Emissionen in der EU rechnen Klimaforscher der Landwirtschaft an.
„Die Landwirtschaft muss in Zukunft gemeinsam mit der Forstwirtschaft zu einer CO2 Senke werden – eine klimapositive Landwirtschaft muss weltweit das Ziel sein“, ergänzt Bioland-Präsident Jan Plagge zum Auftakt der Versammlung. Der ökologische Landbau hat zahlreiche Werkzeuge an der Hand, deren Einsatz einen bedeutenden Beitrag für die Zukunft unserer Kinder und Enkel leisten kann. Die Politik könnte hier wichtige Weichen legen, insbesondere mit der bevorstehenden Reform der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP). Mit dem milliardenschweren Etat der EU-Agrarpolitik könnte bereits ab 2021 mit einem zukunftssichernden Umbau für mehr Umwelt- und Klimaschutz begonnen werden. Doch Frau Klöckner bleibt untätig.
Bild: Bioland

„Wir können mit unseren Demos etwas bewirken“ – Gespräch mit zwei Kasseler Organisatoren der Schülerproteste „Fridays for Future“

Auch in Kassel gehen viele Schülerinnen und Schüler auf die Straße und demonstrieren unter dem Motto „Fridays for Future“ für Klimaschutz und für die eigene Zukunft. Wir sprachen mit zwei Organisatoren der Kasseler Proteste, Viet Hoang Nguyen, 17 Jahre alt, Abiturient am Goethe-Gymnasium, Ko-Ortsgruppensprecher der Fridays for Future Kassel und Delegierter bei Fridays for Future Deutschland sowie Jonathan Heinemann, 15 Jahre, Schüler der 10. Klasse am Engelsburg-Gymnasium und Orga-Teammitglied Fridays for Future Kassel. Ihre Antworten offenbaren profundes Wissen und sind lesenswert.

NKZ: Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Schulstreik?
Jonathan Heinemann: Im Großen und Ganzen verfolgen wir das Ziel, unsere Zukunft zu retten; wir wollen nicht, dass uns der Klimawandel in eine Katastrophe stürzt und unsere Zukunft kaputt gemacht wird. Zurzeit haben wir das Gefühl, dass jedoch in der Politik zu wenig für unsere Zukunft gemacht wird und da müssen wir etwas gegen tun. Wir wollen nicht, dass unsere Atmosphäre noch mehr durch Kohle verschmutzt wird, so dass unsere Zukunft nicht mehr lebenswert ist oder dass uns ein Kohleausstieg bis 2038 als Fortschritt verkauft wird. Wir wollen den Politikern und auch der Bevölkerung zeigen, dass wir das so nicht hinnehmen und sich etwas ändern muss. Denn es ist unsere Zukunft und die wollen wir uns nicht durch die wirtschaftlichen Interessen von Leuten kaputt machen lassen, die die Folgen ihres Handelns nicht mehr spüren werden.
Viet Hoang Nguyen: Es ist unser Protest dagegen, dass viele Politiker die Klimafrage endlich so ernst nehmen, wie sie ernst genommen werden müsste, daher treten wir für unsere Zukunft ein und fordern gesunden Menschenverstand und somit ein Umdenken der Politik und Gesellschaft, in Bezug auf die Klimapolitik. Denn der menschengemachte Klimawandel, der kommt, ob wir wollen oder nicht, das ist wissenschaftlich belegt und nicht erfunden, auch nicht von uns. Denn unser Protest richtet sich weniger gegen die Klimawandelleugner, sondern gegen die, die die Chance haben etwas zu verändern und die dennoch unsere Welt, unsere Zukunft für den Luxus der aktuellen Zeit zerstören. Das Motto „Wir haben die Welt unserer Kinder nur ausgeliehen“, sollte mehr in den Fokus gerückt werden. Wir müssen uns ändern, nicht die Erde für uns. Also wann, wenn nicht jetzt. Nach Angaben vieler namhafter Wissenschaftler bleiben uns nur noch etwa 10 Jahre Zeit um etwas zu ändern, bevor es zu spät ist. Daher fordern wir die Weltgemeinschaft auf, sich endlich an das Pariser Klimaabkommen zu halten und eine globale Erderwärmung auf 2 Grad bis 2100 zu erreichen. Denn unser Planet ist sowieso schon 1 Grad zu warm, was man zum Beispiel letzten Sommer unter anderem bei den Folgen für die Landwirtschaft gesehen hat, denn man erntet bekanntlich was man sät. Die Regierung unserer Bundesrepublik, die nach dem Grundgesetz als ein demokratisch, sozialer Bundesstaat definiert ist, soll bitte auch soziale Klimapolitik machen. Und eine von der Wirtschaft gefordete Verschiebung des Kohleausstieges auf 2038, der Abbau des Hambacher Forstes und die Zerstörung vieler bestehender Dörfer, ist keineswegs sozial. Wir fordern auch eine Verkehrswende, und zwar eine in die ökologische Richtung. Man sollte mehr Güter von der Straße auf die Schiene verlegen, Inlandsflüge stärker besteuern und nebenbei die Fernzüge billiger machen und mehr in erneuerbare Energien investieren. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, die Klimapolitik zukunftorientierter und rationaler zu machen, aber trotzdem regieren die schlechten, billigen Innovationen und Ideen der alten Zeiten. Das und vieles mehr veröffentlichen wir bald in unserem bundesweiten und hessenweiten Forderungskatalog, der unter Beratung von Scientists for Future entstanden ist.


NKZ: Richten sich Ihre Forderungen auch an die Kasseler Stadtpolitik? Was müsste sich in Kassel ändern?
Viet Hoang Nguyen: Natürlich richten sich unsere Forderungen auch an die Kasseler Stadtpolitik! In unserem demokratischen Mehrebenensystem, welches wir in unserer Bundesrepublik haben, hat jede Ebene, also in diesem Fall die Stadtregierung, genügend Kompetenzen, um das große Ganze klimafreundlicher zu machen. Von der Stadt fordern wir, dass Sie ebenfalls klimafreundlichere Politik betreibet. Wir sollten weg vom Gedanken der autogerechten Stadt der 90er Jahre kommen und mehr auch den Städtebau ins ökologisch Rationale wandeln. Die Stadt hat die Chance dies in den vielen Neubaugebieten umzusetzen. Ebenfalls könnte die Stadt, bzw die KVG oder NVV, auch die Fahrpreise im ÖPNV verringern und im besten Falle einen kostenlosen Nahverkehr schaffen, um diesen attraktiver für die Bürger der Unter-oder Mittelklasse zu gestalten, anstatt die Parkscheinkosten zu erhöhen und über Fahrverbote auf der Fünffensterstrasse (der Standort der Luftmessstation) nachzudenken. Das hat schon in Luxemburg und Tallinn super funktioniert mit dem kostenfreien ÖPNV, um einige Städte zu nennen die es erfolgreich durchgeführt haben. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass wir dadurch neben der besseren Luft auch weniger Staus auf unseren Straßen haben.
Jonathan Heinemann: Selbstverständlich richten sich unsere Forderungen auch direkt an die Kasseler Stadtpolitik. Es gibt so viel, was man direkt vor Ort ändern könnte, um klimabewusster zu leben und auch Politik zu führen. Man könnte rund um Kassel noch mehr Förderung in erneuerbare Energien stecken oder eben noch mehr in den ÖPNV sowie den Radverkehr und nicht in die Renovierung des Rathauses investieren. Genauso sehr wie an die Kasseler Regierung richten sich unsere Forderungen jedoch auch an die Kasseler Bürger. Jeder sollte bei sich selbst anfangen, bevor er mit dem Finger auf andere zeigt. Jeder muss, wie auch wir, selbst anfangen, nachhaltiger zu leben und bewusster zu handeln.

NKZ: Warum überlassen Sie den Klimaschutz nicht den „Profis“ wie es FDP-Chef Lindner gefordert hat?
Jonathan Heinemann: Wie bereits in der ersten Frage erwähnt, halten wir die Köpfe, die zurzeit für angeblichen Klimaschutz sorgen, nicht für Profis. Jedenfalls haben sie uns bisher nicht gezeigt, dass man ihnen die Aufgabe überlassen kann, sich um den Klimaschutz zu kümmern. Wir haben Profis auf unserer Seite, denn mit scientists for future haben sich mehr als 12.000 Wissenschaftler, die sich mit dem Thema Klimaschutz ausführlich auseinandersetzen, mit uns solidarisiert und meinen auch, dass es so, wie es zurzeit läuft, nicht weitergehen kann, wenn wir nicht in eine Katastrophe steuern wollen. Christian Lindner halten wir nicht für einen Profi, er hat mit seiner Aussage gleichzeitig auch sein wohl falsches Verständnis von Demokratie bestätigt. Nur weil wir als Schüler angeblich keine Profis sind, heißt das nicht, dass wir nicht mitzureden haben. Wir haben auch nie gesagt, dass wir Profis seien, doch können wir sehr einfach feststellen, dass die angeblichen Profis im Bundestag wohl ihre Rolle zum Klimaschutz, die wir ihnen überlassen, nicht ernst nehmen oder nicht ernst genug nehmen. Wir müssen die Hausaufgaben machen, die die „Profis“ versäumt haben.
Viet Hoang Nguyen: Die Sache ist doch, dass wir gar nicht den Job der „Profis“ übernehmen wollen, wir fechten keine wissenschaftlich geprüfte Zahlen oder Fakten an, wir nutzen diese Daten für unsere Argumentation. Wir fordern eher die Politik auf, sich aktiv an die bestehenden Abkommen, wie dem Pariser Klimaabkommen, welches die BRD auch unterschrieben hat, zu halten. Daher arbeiten wir auch aktiv (eher über unserer Bundesgrundsatzarbeitsgruppe mit vielen Ortsgruppensprecher aus ganz Deutschland) mit den 23.000 Wissenschaftlern von Scientists for Future zusammen. In den nächsten Wochen wird unser bundesweiter und hessenweiter Forderungskatalog auch an die Öffentlichkeit gehen, die Entwürfe werden noch basisdemokratisch in den einzelnen Ortsgruppen abgestimmt. Und wenn sogar die „echten Profis“ sagen, dass wir vom F4F den Klimawandel besser verstanden haben als manch ein Politiker, so braucht uns ein wirtschaftsorientierter Politiker nicht vorzuwerfen, dass unsere Bewegung ins Leere geht.

NKZ: Viele sind heute der Meinung, man könne ohnehin nichts ändern. Warum glauben Sie, dass Sie mit Ihren Demonstrationen Einfluss auf die Politik haben?
Viet Hoang Nguyen: Wir betreiben mit unseren Demonstrationen die eigentliche Politik auf der Straße. Unsere Volksvertreter in den unterschiedlichen Parlamenten und Regierungen sind doch nach Artikel 38 GG „Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ also auch unsere Vertreter, denen wir einen offenen Brief schreiben, damit Sie handeln bevor es zu spät ist. Außerdem hoffen wir mit unseren Demonstrationen auch ein Umdenken in der Gesellschaft zu erreichen. Das schaffen wir, wenn wir die Weltbevölkerung aller sozialen Schichten zum Nachdenken und Diskutieren anregen. Darauf müssen dann die Politiker aller Länder reagieren, wenn Sie in den nächsten Wahlen nicht schlecht abschneiden wollen.
Jonathan Heinemann: Wir sind der festen Überzeugung, dass wir mit unseren Demos etwas bewirken können, da wir mit den Demos darauf aufmerksam machen, dass es in der Politik so nicht weitergeht, und dieser Position schließen sich uns immer mehr Leute an. Wir wollen dafür sorgen, dass unsere vielen Stimmen nicht einfach so überhört werden und die Politik merkt, dass wir nicht aufhören werden, sollte sich nicht etwas grundlegend ändern. Wir werden ganz einfach so lange demonstrieren bis sich etwas ändert, auch wenn das noch dauern sollte. Wir nehmen das ganz einfach so nicht hin, auch wenn versucht wird, uns mit unentschuldigten Fehlstunden einzuschüchtern. Wir sollten den „Profis“ ihre Fehlstunden in Bezug auf Klimaschutz eintragen und nicht sie uns welche dafür, dass wir versuchen, für eine positive Veränderung zu kämpfen.

NKZ: Wie begegnen Sie der Kritik, dass es den Schülerinnen und Schülern weniger um das Klima, sondern viel mehr um das „Schwänzen“ der Schule geht?
Jonathan Heinemann: Diese Frage ist schwierig zu beantworten, natürlich gibt es bestimmt auch Schüler, die lediglich die Schule schwänzen und nicht zu den Demos gehen. Wir in Kassel veranstalten die Demos jedoch immer abwechselnd in und außerhalb der Schulzeit. Bisher waren die Demonstrantenzahlen vormittags sowie nachmittags immer relativ ausgeglichen, was zeigt, dass es den Leuten, die die Demos wirklich ernst nehmen, darum geht, ihre Position zu zeigen, und das tun sie auch in ihrer Freizeit und nicht, um keine Schule zu haben. Solche, die so eine Situation ausnutzen, gibt es immer. Jedoch steht die Mehrheit hinter Fridays for Future und geht regelmäßig streiken.
Viet Hoang Nguyen: Wir waren am Freitag, dem 15.03, nur in Kassel etwa 2500 Demonstranten auf der Straße, weltweit waren wir 2.500.000. Trotz dieser Tatsache wird mehr darüber geredet, ob es legitim ist, dass wir in der Schulzeit streiken, anstatt endlich darüber zu reden, wieso wir streiken und wie man richtig handeln solle. Die wichtigere Frage wäre, bringt es uns was, wenn es in der Schulzeit nicht ums Klima geht? Nein, denn viele von uns opfern für die Planung und Organisation der Demos oder den Nachmittagsdemos sehr viel von ihrer Freizeit, die wir eigentlich auch andersweitig nutzen können. Aber wir haben uns entschieden, uns für unsere Zukunft zu engagieren. Außerdem sind rational gesehen unentschuldigte Fehlstunden im Zeugnis nicht sehr vorteilhaft für Bewerbungen für Praktikas oder Ausbildungsplätze.Dies nehmen wir als „Trophäe“ für unsere Leistungen an und sind auch stolz darauf. Hätten wir an einen Samstag gestreikt oder hießen „Saturdaysforfuture“, so hätte unsere Bewegung, unsere Anliegen, nicht die Aufmerksamkeit bekommen, wie sie es verdient hätten. Übrigens, die die „Schwänzen“ wollen, werden schon nicht sagen, sie seien bei einem FFF Streik, sondern eher sie seien „krank“.

NKZ: Gab es bereits Reaktionen seitens der Schulverwaltung?
Viet Hoang Nguyen: Jaein. Auf den direkten Wege noch nicht, eher über die Schulen und Schulleitungen, die uns über Gesetze der Hesssichen Landesverfassung aus den 70er Jahren erklären wollen, dass es nicht in Ordnung sei, was wir tun und deshalb unentschuldigte Fehlstunden bekämen, die eventuell schädlich für unsere Zukunft sein könnten. Meist bekommen wir eher über die vorgefertigten, vorgelesenen Statements, vollgespickt mit Flosken, mit, was z.B das Schulamt uns eigentlich sagen möchte.
Jonathan Heinemann: Viele Lehrer halten die Fridays for Future Bewegung für unterstützenswert und sind auf unserer Seite, selbst die Schulleitung ist teilweise auf unserer Seite. Da es nun aber von oben, also aus dem Schulministerium, immer mehr Druck auf die Schulleitungen gibt, ist diese gezwungen, den Leuten von oben nachzugeben. Wir halten diesen Ansatz des Schulministeriums, zu versuchen das ganze so stark wie möglich zu unterdrücken, nicht für sinnvoll und lassen uns davon nicht einschüchtern. Der Bundespräsident solidarisiert sich mit uns, gleichzeitig wird jedoch versucht, uns vom Streiken abzuhalten. Wir haben diese Doppelmoral satt. Wir werden weiterhin demonstrieren, denn man wird uns das Recht auf unsere Zukunft nicht verbieten können. Das Schulministerium beruft sich immer wieder auf die Schulpflicht; man sollte beim Thema Schulpflicht jedoch auch bedenken, dass bei den meisten Schülern wöchentlich mehr Stunden ausfallen als durch die Demos betroffen sind. Wir sollten genauso fragen, warum denn die Bundesregierung so viel Geld in Rüstungsindustrie steckt und nicht in die Schulen. Könnte man nicht auch sagen, dass die Regierung die Schulpflicht im Sinne des Rechts jedes Schülers auf Schule nicht einhält, indem sie sich offensichtlich nicht genug um die Schulen kümmert und nicht genug gegen zu viel Unterrichtsausfall und zu große Klassen tut? Es wird nicht funktionieren, dass die Regierung uns mit der Berufung auf die Schulpflicht davon abhält, zu streiken. Ob die Fehlstunden vermerkt werden oder nicht, ist für die meisten von uns eine nachgeordnete Frage, denn es geht uns nicht um die Fehlstunden, sondern um unsere Zukunft.



Kassel: CDU-Fraktionsvorsitzender kritisiert Schülerdemos als Rechtsbruch

(pm) „Offenbar hat niemand den Mut, die Schülerdemonstrationen während der Unterrichtszeit als das zu bezeichnen, was sie sind, nämlich Rechtsbruch“, kritisiert der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Michael von Rüden. Er weist darauf hin, dass die umweltpolitischen Ziele der Schülerinnen und Schüler genauso gut bei Demonstrationen in der unterrichtsfreien Zeit, etwa an Samstagen, vorgebracht werden könnten. Jeder Arbeitnehmer, so Dr. von Rüden, müsse um seinen Arbeitsplatz fürchten, wenn er während der Arbeitszeit an Demonstrationen teilnehmen wolle. Demonstrierende Schülerinnen und Schüler scheinen offensichtlich in dem Bewusstsein zu handeln, dass ihnen nichts passieren könne, weil Sanktionen von Seiten der verantwortlichen Lehrkräfte ausbleiben oder unwirksam bleiben.

Kasseler Schüler streiken für ihre Zukunft

(pm/red) Auch Kasseler Schülerinnen und Schüler werden sich am 15.3.2019 am globalen Schulstreik mit einer Demonstration beteiligen. Treffpunkt ist um 10 Uhr der Hauptbahnhof Kassel. Von dort aus geht es über Umwege zum Opernplatz. Für den Weg seien „viele coole Aktionen geplant“, so die Organisatoren. Im Anschluss des Streikzuges sind auf der Bühne am Opernplatz noch einige Reden und Impulsvorträge vorgesehen. Zusammen mit tausenden jungen Menschen in Deutschland und auf der Welt (insgesamt wird in 1077 Städten in 84 Ländern aus allen Kontinenten ausser der Antarktis gestreikt) treten SchülerInnen, StudentInnen, Eltern von Parents4Future Kassel und viele mehr für ein Umdenken unserer Gesellschaft im Bezug auf Klimapolitik und Umweltschutz ein. Dies sei kein Generationenkrieg sein, sondern ein Apppel an die Regierenden unserer Welt, sich an die bestehenden Umweltschutzabkommen zu halten, die Energiepolitik umweltfreundlicher auszurichten und einen früheren Kohleausstieg als 2038 zu schaffen. “Es ist mein Protest dagegen, dass kein Politiker die Klimafrage so ernst nimmt, wie sie ernst genommen muss. “, sagte Greta Thunberg auf dem Klimagipfel in Kattowitz. Die Bewegung Fridays for Future folgt dem Beispiel Greta Thunbergs, die mit 16 Jahren schon seit Monaten jeden Freitag vor dem Parlament in Stockholm demonstriert. In Deutschland streiken mittlerweile mehrere zehntausend junge Menschen mit der jungen Schwedin, die zuletzt sogar die Demonstration in Hamburg am 1.3. besuchte. “Nach Angaben vieler namhafter Wissenschaftler bleiben uns noch weniger als 20 Jahre Zeit, also meist nochmal das Alter von vielen FFF Aktivisten, um etwas zu verändern bevor es zu spät ist, denn die schlimmen Folgen des menschengemachten Klimawandels, ein Begriff der die Welt in Atem hält, wird kommen, ob wir wollen oder nicht, dies ist Fakt und nicht erfunden, auch nicht von uns (…) Wir wollen nicht nur zu schauen, sondern handeln und fordern ein Umdenken in Politik und Gesellschaft jeden Freitag wenn es sein muss bis 2038, hier auf der Strasse ein und sind laut, weil man uns die Zukunft klaut!”, appellierte Viet Hoang Nguyen in seiner Rede bei der Konferenz Bildung Macht Zukunft an der Uni Kassel.

Demokratie „Sache für Profis“? – Lindner offenbart falsches Demokratieverständnis

FDP-Chef Christian Lindner hat die Schülerdemos in Deutschland zum Klimaschutz kritisiert und dabei ein falsches Demokratieverständnis offenbart. „In der Unterrichtszeit sollten sie sich lieber über physikalische und naturwissenschaftliche sowie technische und wirtschaftliche Zusammenhänge informieren“, sagte er „Bild am Sonntag“. „Ich bin für Realitätssinn. Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen. Das ist eine Sache für Profis.“ Lindner übersieht dabei, dass eine Demokratie davon lebt, dass sich ihre Bürger in ihr engagieren, um die richtigen Lösungen für Probleme ringen. Vor allem aber zählen alle Meinungen und sie haben alle das gleiche Gewicht. Es soll gelten, was die Mehrheit in einem möglichst offenen Diskurs entschieden hat und zwar auch dann, wenn „Profis“ meinen, dass dies falsch sei. Dass ausgerechnet der Vorsitzender der Partei, die sich in besonderer Weise dem liberalen und demokratischen Rechtsstaat verpflichtet fühlt, mangelhafte Kenntnisse über das demokratische Prinzip offenbart, ist jedenfalls bemerkenswert.
Bild: (c) Deutscher Bundestag / Achim Melde