Ökoförderung: Bioland sieht Ausbau des Ökolandbaus in Gefahr – Förderstopp in Sachsen-Anhalt

(red) Eine Auswertung der aktuell vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie in Sachsen-Anhalt vorgelegten Zahlen im Antragsverfahren zur Ökoförderung 2019 hat ergeben, dass mehr als die Hälfte der umstellungsinteressierten Betriebe abgelehnt werden. Insgesamt 49 Betriebe haben einen Antrag zur Umstellung auf EU-Öko-Richtlinien eingereicht. Von diesen können nur 20 Betriebe auf einen positiven Bescheid ihres Antrags hoffen. Von den insgesamt 9.568 ha, für die eine neue Förderung ökologischer Anbauverfahren ab dem 01.01.20 beantragt wurden, können laut Auswertung nach gegenwärtiger Mittelverfügbarkeit nur 4.837 ha bewilligt werden. Bioland kritisiert diese Limitierung entschieden und fordert die Landesregierung dazu auf, diesen Förderstopp zu verhindern. Gerald Wehde, Geschäftsleiter Agrarpolitik, kommentiert: „Dieses Vorgehen ist in keinster Weise akzeptabel und nachvollziehbar. Es widerspricht dem Koalitionsvertrag mit dem Ziel der Landesregierung 20 Prozent der Agrarfläche auf Ökolandbau umzustellen. Die Bundesregierung will diese Zielmarke bis zum Jahr 2030 erreichen. Dazu müssten in Sachsen-Anhalt jährlich ca. 12.000 ha ökologisch bewirtschaftete Fläche dazugewonnen werden. Mit diesem Förderstopp bleibt die Umstellung von rund 5.000 ha verwehrt. So kann keine enkeltaugliche Landwirtschaft gelingen! Vielmehr werden interessierte Landwirte abgeschreckt aufgrund mangelnder Verlässlichkeit und Planungssicherheit der Politik. Eine stabile und verlässliche Förderung aller ökologisch bewirtschaften Flächen ist essentielle Voraussetzung, betriebswirtschaftlich erfolgreich wirtschaften zu können. Daher fordern wir die Landesregierung auf alle Anträge zu genehmigen und die fehlenden Geldmittel frei zu machen. Im Sinne der Landwirte, der Verbraucher und nicht zuletzt auch des Koalitionsvertrags!“ Zu den voraussichtlich nicht geförderten Betrieben gehören vor allem Ackerbaubetriebe an ertragsstärkeren Standorten, bestehende Ökobetriebe mit einem Flächenzuwachs über 20 Prozent sowie tierhaltende Betriebe, die ihren Tierbestand erst im Verlaufe der Umstellung aufbauen können. Der Verband betont die positive Signalwirkung der fast 50 eingegangenen Anträge in Sachsen-Anhalt. Sie dokumentierten das große Interesse an einer ökologischen Wirtschaftsweise, das andere Betriebe motivieren könne nachzuziehen.

Bund und Länder sind nun laut Bioland gefordert, mehr Finanzmittel der pauschalen EU-Direktzahlungen für ökologische Fördermaßnahmen der Bundesländer zu nutzen. „Um künftig mehr Gelder zur Förderung des ökologischen Landbaus freizusetzen, müssen die Direktzahlungen der 1. Säule, in größerem Umfang als bislang geplant, in die 2. Säule umverteilt werden. Statt der vom BMEL angekündigten 4,5 Prozent muss in der jetzigen Übergangsphase der EU-Agrarpolitik bereits eine spürbare schrittweise Erhöhung für ökologische Fördermaßnahmen umgesetzt werden“, so Wehde. Bis 2022 könnten so 15 Prozent der Finanzmittel der 1. Säule in mehr Umwelt- und Klimaschutz und die Ausdehnung des Ökolandbaus fließen. Geschieht dies nicht, fürchtet Bioland weitere Förderstopps wie in Sachsen-Anhalt. Wehde dazu: „Es wäre verheerend, wenn die Verbraucher und Landwirte weiterhin in den Startlöchern stehen und die Politik ihnen den Start verwehrt. So kann das Ziel nicht erreicht werden und Umwelt- & Naturschutz sowie das Tierwohl und die Lebensgrundlagen künftiger Generationen bleiben auf der Strecke. Die Regierungen sind nun im Zugzwang, die Voraussetzungen zu schaffen, unter denen die mindestens 20 Prozent Ökolandbau bis 2030 erreicht werden können.“

Tierwohl auf dem Teller? Wo Tierwohl draufsteht ist leider noch längst keines drin

(red) Bioland hat sich die Tierwohl-Kennzeichen des Handels und des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) genauer angeschaut und die verschiedenen Stufen einem Vergleich mit der EU-Ökoverordnung und den eigenen Verbandsrichtlinien unterzogen. Es fällt auf, dass die „Haltungsform“ des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) und der aktuelle Kriterienkatalog des staatlichen Tierwohlkennzeichens stellenweise selbst in den besseren Stufen nicht über den gesetzlichen Mindeststandard hinausreichen.

Das staatliche Label ist in die Stufen (1) bis (3) aufgeteilt. Eine eigene Stufe für Bio-Fleisch ist nicht vorgesehen. Die Haltungsform des LEH reicht von Stufe (1), dem gesetzlichen Mindeststandard bis (4), wobei Stufe (4) Bio und konventionelle „Premium“-Haltung zusammenfasst.

Der Präsident von Deutschlands führendem Verband für ökologische Landwirtschaft ist alarmiert: „Die beiden Labels grenzen an Verbrauchertäuschung. Beim Einkauf greifen Verbraucher zur vermeintlich besten Stufe und halten noch nicht einmal mit voller Garantie die wirklich bestmögliche Stufe, nämlich Bio, in den Händen“, so Jan Plagge. „Die Konsumenten brauchen Orientierung, anstatt Verwirrungstaktiken!“

Der Verband kritisiert darüber hinaus, dass die Einstiegsstufe bei beiden Labels die Stufe (1) ist. Es gilt also: Je höher die Stufe, desto besser die Tierhaltung. Dies ist der von Verbrauchern gelernten Kennzeichnung von Eiern, die seit Jahren etabliert ist, entgegengesetzt. Dort steht (0) für Bio, (1) für Freilandhaltung, (2) für Bodenhaltung und (3) für den gesetzlichen Mindeststandard.

Außerdem haben die Schweine, auch in den höchsten Stufen der beiden Kennzeichnungssysteme, mehr als 50 Prozent weniger Platz im Stall (inklusive Auslauffläche) als es im Öko-Recht Standard ist (2,3 qm gegenüber maximal 1,5 qm). Auslauf erhalten die Tiere nur in den obersten Stufen. Auch im Bereich des Einsatzes von Antibiotika und Arzneimitteln weist keine der Stufen eine Einschränkung auf. Der Verbraucher dürfte hingegen davon ausgehen, dass mit jeder Stufe auch eine stufenweise Besserung der entscheidenden Kriterien einhergeht. Auffallend ist zudem, dass die Haltungskriterien der Muttertiere und Ferkel nahezu ausgeklammert werden. Bei beiden Labels hat jedes Tier in allen Stufen nur den gesetzlichen Mindeststandard von maximal 2,5 qm Fläche zur Verfügung (gegenüber 7,5 qm nach EU-Ökoverordnung und Bioland). Auch Kastenstände, also die Fixierung von Sauen kurz vor und nach der Geburt, bleiben erlaubt. Genauso wie das Kupieren der Schweineschwänze, welches lediglich beim staatlichen Tierwohllabel und da auch erst ab Stufe (2) nicht mehr erlaubt ist.

„Das staatliche Tierwohllabel und die Haltungsform sind kaum dazu geeignet, dem Verbraucher die Kaufentscheidung zu erleichtern. Sie verwirren mit komplizierten Abstufungen und berufen sich zu oft auf den gesetzlichen Mindeststandard, um sich wirklich mit dem Aufdruck „Tierwohl“-Label schmücken zu können“, resümiert Plagge und ergänzt: „Noch ist das freiwillige staatliche Tierwohllabel nicht gesetzlich verabschiedet worden. Es ist zu hoffen, dass Ministerin Klöckner Einsicht zeigt und die Kritik von Verbrauchern, Landwirten und ihren Kollegen auf politischer Ebene ernst nimmt.“

Tierwohl liegt den Deutschen am Herzen

60 Kilogramm Fleisch essen Deutsche jährlich pro Kopf. Eine Emnid-Studie zum Image der Landwirtschaft aus dem Jahr 2017 zeigt, dass den Bundesbürgern das Konzept Tierwohl am Herzen liegt. Die Erhebung belegt, dass sie es als ein für alle Seiten nützliches Konzept ansehen, das sowohl den Tieren als auch den Landwirten und den Verbrauchern zugutekommen soll. Dabei verbinden 91 Prozent der Befragten mit dem Begriff „Tierwohl“ eine artgerechte Tierhaltung mit mehr Platz für die Tiere.

Eine weitere Studie im Auftrag der Verbraucherzentralen aus diesem Jahr ergibt, dass die Mehrheit der Befragten den gesetzlichen Mindeststandard für nicht artgerecht hält.

Verbraucher, die sichergehen möchten, dass sie Tierwohl auf dem Grill, in der Pfanne und auf dem Teller haben, sollten beim Einkauf auf die Logos der landwirtschaftlichen Bioverbände, wie das grüne Quadrat mit weißem Schriftzug von Bioland, achten, die noch strengere Kriterien anwenden als die EU-Öko-Verordnung. Auch ein reduzierter Fleischkonsum schützt das Tierwohl und schont darüber hinaus die Umwelt.
Bild: Bioland

Bioland-Bauern fordern: Leinen los für aktiven Klimaschutz

Jan Plagge

(pm) Bioland unterstützt die Forderungen der hunderttausenden Schüler und Schülerinnen der weltweiten „Fridays for Future“-Bewegung für eine wirkungsvolle Klimapolitik. Die 180 Bundesdelegierten waren auf ihrer Frühjahrsversammlung Anfang der Woche begeistert von dem Engagement der Jugend für diese zentrale Zukunftsfrage zum Überleben der Menschheit. „Genau diese Aufbruchsstimmung, die die Jugend heute auf die Straße bringt, hat uns damals motiviert, unsere Betriebe auf Biolandbau umzustellen“, sagt Gita Sandrock, Betriebsleiterin eines Bioland-Betriebes aus Nordhessen, der bereits vor 44 Jahren auf Biolandbau umgestellt wurde. Sandrock ruft der Jugend zu: „Bleibt hartnäckig und haltet durch!“.
Theresia Kübler, Vorstandsmitglied im Jungen Bioland e.V. ergänzt: „Die jungen Menschen sind aufgewacht und machen mit „Fridays for Future“ eindeutig klar, dass politisches Handeln gefragt ist. Wir als gesamte Gesellschaft und die politischen Entscheidungsträger sind gefordert die Leinen los zu machen, endlich unter der Flagge eines aktiven Klimaschutzes zu segeln.“
Allen Bioland-Delegierten ist bewusst, dass die Landwirtschaft nicht nur Opfer des Klimawechsels, sondern auch mitverantwortlich ist. Rund zehn Prozent der gesamten Treibhausgas-Emissionen in der EU rechnen Klimaforscher der Landwirtschaft an.
„Die Landwirtschaft muss in Zukunft gemeinsam mit der Forstwirtschaft zu einer CO2 Senke werden – eine klimapositive Landwirtschaft muss weltweit das Ziel sein“, ergänzt Bioland-Präsident Jan Plagge zum Auftakt der Versammlung. Der ökologische Landbau hat zahlreiche Werkzeuge an der Hand, deren Einsatz einen bedeutenden Beitrag für die Zukunft unserer Kinder und Enkel leisten kann. Die Politik könnte hier wichtige Weichen legen, insbesondere mit der bevorstehenden Reform der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP). Mit dem milliardenschweren Etat der EU-Agrarpolitik könnte bereits ab 2021 mit einem zukunftssichernden Umbau für mehr Umwelt- und Klimaschutz begonnen werden. Doch Frau Klöckner bleibt untätig.
Bild: Bioland