Wahlsystem verhilft Johnson zu absoluter Mehrheit der Sitze – Briten wählen mehrheitlich brexitkritische Parteien

Wegen des britischen Mehrheitswahlrechts genügt Boris Johnson eine Zustimmung von lediglich 43,6% der Briten um 56% der Parlamentsmandate und damit die absolute Mehrheit der Sitze im britischen Unterhaus zu erringen. Gegenüber der Wahl 2017 verbesserten sich die Konservativen um lediglich 1,2 Prozentpunkte. Labour verlor 7,8 Prozentpunkte und kommt auf 32,2%. Dies genügt, um den Anteil der Laboursitze von 40,3% auf 31,2% zu verringern. Die Konservativen und die Brexitpartei erhielten zusammen lediglich 45,6% der Stimmen. Die Brexitbefürworter sind damit in der britischen Bevölkerung in der Minderheit. In der Mehrheit sind Labour, Liberaldemokraten, Schottische Nationalpartei und Grüne, die sich gegen den Brexit oder für eine neue Volksabstimmung ausgesprochen hatten. Sie kommen zusammen auf 50,3%.
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Corbyn begeistert Anhänger

Mit scharfen Angriffen auf die konservative Regierung hat Labour-Chef Jeremy Corbyn seine Anhänger auf dem Parteitag begeistert. Insbesondere die Brexit-Verhandlungen kritisierte er scharf. Das Verhandlungsteam der Regierung sei „hoffnungslos inkompetent“ und der harte Kurs der britischen Premierministerin würde Jobs in Gefahr bringen. Labour selbst werde mit einem dezidiert linken Programm um Veränderungen im Land kämpfen, so Corbyn. Seine eigene Partei sieht er an der Schwelle zur Macht. Corbyn wurde von den Mitgliedern seiner Partei überraschend in einer Urwahl bestimmt und anschließend gegen den Willen des Parteiestablishments noch einmal durch Urwahl der Mitglieder bestätigt. Seit seiner Wahl verdreifachte sich die Mitgliederzahl auf 600.000. Damit ist Labour die größte Partei Westeuropas. Bei der Unterhauswahl, bei der May ihre Mehrheit verlor, schnitt Labour unter Corbyn überraschend stark ab. Wohl auch deshalb zeigte sich auf dem Parteitag gegen den Labour-Chef kein Widerstand.

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