US-Demokraten vor Erdrutschsieg?

Glaubt man den Umfragen vor den amerikanischen Präsidentschafts- und Kongresswahlen stehen die Demokraten vor einem deutlichen Sieg. Landesweit führt ihr Kandidat Joe Biden mit 52% vor dem republikanischem Amtsinhaber Donald Trump mit lediglich 43%. Allerdings wird der Präsident nicht direkt von den Bürgern gewählt, sondern von einem Wahlmännergremium in das die einzelnen Staaten Mitglieder entsenden. So hatte Hillary Clinton vor vier Jahren mit 65,85 Millionen Wählern knapp drei Millionen mehr Stimmen als Donald Trump erreicht. Im Electoral Collage verfügte Trump jedoch über 304 Stimmen gegenüber 227 Stimmen für Clinton und damit über eine klare Mehrheit, weil er die meisten Staaten mit einer knappen Mehrheit – und damit deren Wahlmänner – für sich gewann. Nach den Umfragen liegt derzeit Biden in den meisten dieser umkämpften Staaten vorn, so dass ihm derzeit 290 Stimmen im Electoral Collage vorausgesagt werden, Trump kommt auf lediglich 163 Stimmen. Selbst wenn Trump sämtliche Staaten mit ihren insgesamt 85 Stimmen gewinnen würde, in denen der Ausgang völlig offen und deshalb keine Voraussage möglich ist, käme er auf lediglich 248 Stimmen.
Neben den Präsidentschaftswahlen finden auch Parlamentswahlen statt. Bei den Wahlen zum Repräsentantenhaus, das alle zwei Jahre neu gewählt wird, liegen die Demokraten in den Umfragen mit 230 Sitzen vor den Republikanern mit 181 Sitzen vorn. Hier ist das Rennen in 24 Wahlkreisen so knapp, dass sich kein Ergebnis voraussagen lässt. Die Demokraten können deshalb damit rechnen, dass sie hier ihre bestehende Mehrheit sogar ausbauen können.
Im Senat, der zweiten Parlamentskammer, werden alle zwei Jahre nur ein Drittel der Sitze neu gewählt. Die Amtsperiode der Senatoren beträgt jeweils sechs Jahre. Der Senat ist auch weniger repräsentativ als das Repräsentantenhaus, weil jeder Staat unabhängig von seiner Größe zwei Senatoren entsendet. Nicht zur Wahl stehen in diesem Jahr 35 demokratische und 30 republikanische Senatoren. Bei den zu wählenden Sitzen liegen die Demokraten in 14 Staate vorn, die Republikaner in 18 und drei Rennen sind zu knapp für eine Voraussage. Damit ist noch völlig offen, wer im kommenden Senat über eine Mehrheit verfügen wird. Bei einem denkbaren Patt von 50:50 entscheidet die Stimme des Vizepräsidenten, der im Senat den Vorsitz führt. Damit kann der Ausgang der Präsidentschaftswahl auch über die Mehrheit im Senat entscheiden.
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Midterms: „Blaue Welle“ vom US-Mehrheitswahlrecht gebrochen

Die von den Demokraten erhoffte „Blaue Welle“ – blau ist die Parteifarbe der Demokraten – ist, jedenfalls bezogen auf die Anzahl der errungenen Mandate, wegen des in den USA geltenden Mehrheitswahlrechts ausgeblieben. Denn bezogen auf die abgegebenen Stimmen haben die Demokraten deutliche Gewinne erzielt und sind erheblich stärker als die Republikaner. So erreichten sie bei der Wahl zum Repräsentantenhaus 4,5 Millionen mehr Stimmen als die Republikaner. Sie steigerten sich von 44,6% im Jahr 2014 über 48% im Jahr 2016 auf jetzt 52,4% im Jahr 2018 und errangen eine Mehrheit der Mandate. Noch deutlicher wird der Einfluss des Wahlrechts auf das Wahlergebnis bei den Senatswahlen. So erreichten die Demokraten mit 57% fast 13 Millionen mehr Stimmen als die Republikaner und mussten dennoch hinnehmen, dass diese ihre Mehrheit der Mandate um zwei Sitze ausbauen konnten. Anders als durch das etwa in Deutschland geltende Verhältniswahlrecht werden durch das Mehrheitswahlrecht die Parlamentsmandate nicht im Verhältnis der Stärke der Parteien verteilt. Vielmehr wird bei der Mehrheitswahl das Wahlgebiet in Wahlkreise unterteilt und in das Parlament zieht der Kandidat ein, der die meisten Stimmen im Wahlkreis erzielt. Auf diese Weise kann das Wahlergebnis erheblich verzerrt werden. So kann eine Partei, deren Kandidaten in der Summe erheblich weniger als die absolute Mehrheit der Stimmen erreicht haben, dennoch die absolute Mehrheit der Mandate erringen. In den USA wird das Wahlergebnis zusätzlich dadurch verzerrt, dass die Wahlkreise bezogen auf die Bevölkerung sehr ungleich sind. So hat das von den Demokraten dominierte Kalifornien mit fast 40 Millionen Einwohner lediglich zwei Sitze im Senat. Die 22 bevölkerungsärmsten Bundesstaaten mit zusammen etwa 40 Millionen Einwohnern vergeben insgesamt 44 Senatssitze. North Dakota, Missouri und Indiana, dort haben die Republikaner den Demokraten drei Senatssitze abgenommen, haben zusammen etwa 13,5 Millionen Einwohner und sechs Senatssitze.
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US-Midterms: Demokraten werden wohl nur Mehrheit im Repräsentantenhaus erringen – Senat bleibt republikanisch

Nach den jüngsten Umfragen werden die Republikaner ihre Mehrheit im Senat verteidigen können. Den oppositionellen Demokraten winkt jedoch die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Im Senat haben die Republikaner 46 von 100 Stimmen sicher, weil der republikanische Amtsinhaber nicht zur Wahl steht oder ihr Kandidat über einen sicheren Vorsprung verfügt. In zwei weiteren Staaten gilt der Sieg der Republikaner als wahrscheinlich und in weiteren zweiten Staaten liegen ihre Kandidaten vorn. Sechs Staaten gelten als unentschieden. Die Demokraten werden sicher über 37 Stimmen verfügen. In zwei weiteren Staaten gilt der Sieg ihrer Kandidaten als wahrscheinlich und in sechs Staaten liegen sie vorn. Selbst wenn die Demokraten sämtliche der sechs unentschiedenen Staaten für sich entscheiden könnten, käme es lediglich zu einem Patt, das der Vizepräsident mit seiner Stimme zugunsten der Republikaner auflösen würde. Dabei hat sich in den letzten Wochen die Stimmung zugunsten der Republikaner verändert. Im Frühjahr und Sommer sagten die Umfragen 48 Sitze für die Republikaner und 44 Sitze für die Demokraten bei acht unentschiedenen Staaten voraus. Im September schmolz der Vorsprung der Republikaner auf 47 zu 44 bei neun unentschiedenen Staaten, um im Oktober auf 50 zu 44 bei sechs unentschiedenen Staaten anzuwachsen. Das Repräsentantenhaus wird im Gegensatz zum Senat insgesamt neu gewählt. Hier liegen nach den Umfragen die Demokraten mit 203 zu 196 Stimmen bei 36 unentschiedenen Wahlbezirken vorn. Auch hier haben sich die Republikaner im Oktober verbessert. Im September lagen die Demokraten noch mit 206 zu 189 bei 40 unentschiedenen Wahlbezirken in Führung.
Kevin McCoy [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons